Neues vom Schlafbaum
  • Kostenlos gibt es nicht

    Satans Fachpresse hat vor einigen Tagen noch jubiliert, dass ihre iPhone-App weggeht wie nichts, da kam vor einigen Tagen weniger die ARD auf die Idee, bald eine App zu veröffentlichen, mit der man Inhalte der Tagesschau ansehen kann. Und das – man halte sich fest – kostenlos.
    All die EmpörungExterner Link, die Springer deshalb jetzt durchs Land schwappt, ist – wie immer bei Empörung – natürlich Quatsch, denn die App ist lediglich dazu da, Inhalte zu laden, die es auch jetzt im Netz schon umsonst gibtExterner Link, nur nicht so komfortabel, bzw. im Zweifel nur für Technikfreaks. Die schauen sich aber auch auf dem iPhone weiterhin Gratis die Covertitten der Bild an, noch bevor die normalen App-Lader bemerkt haben, dass man für die Inhalte nach einem Monat erneut zahlen muss, weil dat issenen Abo.

    Seit langer Zeit gibt es dagegen von den öffentlich-rechtlichen Radiosendern schon Apps, mit denen man Radio hören kann – etwas, das auf dem iPhone ohne diese Programme auch Freaks nicht können, was also einen echten Mehrwert bietet: man erhält Nachrichten und man muss sie noch nicht einmal lesen. Da hat komischerweise niemand geschrien.

    Man muss die Schreihälse nicht mögen, oder die ARD, aber wie immer muss man schauen, wem was nutzt. Wer die Tagesschau-App lädt und damit Nachrichten guckt, der braucht sich nicht wundern, wenn der nächste Schritt ist, die Daten des iTunes-Kontos direkt an die GEZ weiterzugeben, oder die Sender direkt die erhaltenen IP-Adressen zur Abrechnung nutzen. Ausreden beim GEZ-Mann gelten dann nicht mehr. Wenn heute selbst Privatunternehmen an die Namen hinter den Adresse kommen können, kann es die ARD ganz sicher auch.

     

    Wo wir gerade bei umsonst sind: alle, die derzeit die kostenlosen Dinge über iTunes oder das iPhone laden: ladet alles, auch wenn es euch nicht gefällt.

    Das ist die einzige Möglichkeit, einer präzisen Profilerstellung des Accountnutzers zu entgehen. Ladet ihr nur nach Interessen, kann Apple euch nach zwölf Tagen sagen, wo ihr wohnt, wie alt ihr seid, wen ihr wählt und an wen ihr beim Sex denkt.

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  • Ich kriege euch

    15:15, 52° 29’13.89 13° 19’49.86, westliche Richtung. Auf dem vorzeitigen Heimweg, weil ich mir die Seele aus dem Leib rotze. Dunkelblauer Kombi, B-P…, Mitfünfziger mit Rauschelbart überholt mich auf der rechten Spur mit ca. 5 cm Abstand und überhöhter Geschwindigkeit. Komme an der Ampel langsam von links auf ihn zu und sage freundlich ins offene Fenster „schon mal was von Sicherheitsabstand gehört?“ Seine Antwort: „ja halte den mal, halte den mal.“. Ich hänge am Fenster und setze an zu „ey du mieses, komme aber nur bis „du“, da fährt er abrupt an, ich liege auf der Straße und von hinten wird gehupt.

    Das war die Kriegserklärung, Jungs, und ich nehme sie an. Die Kamera fährt mit, ich ruiniere eure Leben, eines nach dem anderen!

    Was mich etwas beruhigt war das längere Kratzgeräusch, das ich im Gegensatz zu ihm während des Abschüttelvorgans gehört habe. Was mich wütender macht ist, dass ich meinen rechten Arm nicht nach vorne heben kann.

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  • Auf der Suche nach dem grünen Gewissen [aktualisiert]

    Seit ein paar Tagen gibt es die Suchmaschine Ecosia, die verspricht, mit jeder Suchanfrage 2m² Regenwald zu schützen. Vom Schreibtisch aus den Regenwald schützen klingt grundsätzlich super, mal schauen:

    Die Suchmaschine sagt, es werden Suchergebnisse von Bing und Yahoo (also Microsoft) übernommen und auch deren Werbung angezeigt. Klickt jemand auf eine Anzeige, gehen mindestens 80% vom Ecosias Einnahmenteil an den WWF.

    Das heißt für mich: Klickt niemand auf eine Anzeige oder werden die Anzeigen erst garnicht dargestellt (weil blockiert, wie bei mir), bekommt der WWF nichts. Die Angabe geschützter m² pro Suche ist also eine rein rechnerische und vermittelt fälschlicherweise den Eindruck, schon alleine die Suche würde etwas bringen. Das kann man machen, es führt sicherlich auf Dauer aber nicht zu mehr Klicks auf die Werbung, sondern zu einem schlechteren Schnitt.

     

    Nach dieser Rechnung wurden in den ersten 18 Tagen knapp 4 Millionen m² geschützt, oder wie man auf dem Land sagt, 400 Hektar. Laut WikipediaExterner Link schrumpft der tropische Regenwald jährlich mindestens 8 Millionen Hektar. Bleibt es bei der Hochrechnung, hat die Suchmaschine also im Jahr auf ca. 0,1% der vernichteten Fläche einen nicht näher definierten Einfluss („schützen“ halt).

    Die auf der Suchmaschine verlinkten Hintergründe beim WWFExterner Link geizen mit Fakten. Kurz sagt dazu die SuchmaschineExterner Link, dass man dort mit 5 Euro einen Hektar Regenwald schützen kann, egal wovor und wie lange.

    Dazu läuft die Suchmaschine komplett mit Ökostrom. Es wird also für die Suchanfragen – auch die, die keine Werbeeinnahmen generieren – kein CO₂ freigesetzt, das noch nie einen Menschen gesehen hat. Jedenfalls nicht bei Ecosia – wie es bei Microsoft ist, bei den Werbetreibenden, beim WWF und bei den Nutzern, wird nicht berechnet. Ohne Rechnung kann man aber sagen: die klimaneutralste Suche bleibt die nicht getätigte.

    Beim ersten Angebot des Herren Erfinders („Forestle“) zog anscheinendExterner Link Google schnell die Bremse. Vielleicht wollen Werber garnicht, dass die ganzen Ökofreaks wie blöde auf ihre Anzeigen klicken. Das versucht man jetzt einzudämmen.

     

    Ich würde mich ja freuen, wenn dieses Angebot irgendetwas bewirkt, aber alles in allem bleibt ein komisches Gefühl, wie schon damals beim Saufen für den Regenwald. Möglicherweise ist – ungeachtet des Bauchgefühls – fast nichts tun ja besser als nichts tun, aber wer nichts tut macht immerhin auch nichts kaputt.

    Übrigens: schon mit 50 Euro Weihnachtsablassspende kann man sich über 100 tägliche Suchabfragen ersparen und das sogar offline.

     

    Aktualisiert am 23.12.09

    Ich musste an die Zahlen nochmal ran, weil es doch arg viel Einfluss zu sein schien, da ich mich tatsächlich um eine Kommastelle vertan habe und weil ich heute in einem Buch (ohne nähere Quellenangabe) gelesen habe, dass Krombacher in den bisherigen fünf Kampagnen insgesamt gut 83 Millionen m² geschützt habe. Das schafft Ecosia also in etwas über einem Jahr. Ohne Simple Minds, Günther Jauch, Tatort und Fußball.

    Nach den Zahlen in dem Buch hat Krombacher für einen Hektar Regenwald übrigens noch 400 Euro bezahlt. Regenwald wird also nicht nur rasant weniger, sondern auch rasant billiger. Wenn das der Markt wüsste.

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  • Perfekter Service

    Bildschirmfoto-2009-12-17-um-23.15.36In Berlin brennen derzeit nicht nur die Kerzen am Baum, sondern vermehrtExterner Link die BusseExterner Link. Der Tagesspiegel hat sich dem Thema angenommen, journalisiert investigativ und hilft darüber hinaus, wo er nur kann. Den armen Flüchtenden empfiehlt sich direkt nach dem Überlebenskampf ein Blick auf die Internetseite, denn da wird nicht nur geschrieben, warum es im Heck gerade so schön warm wurde, sondern unten rechts auch gleich der Weg nach hause berechnet. Diesen Zusammenhang hätte Google-Ads nicht besser herstellen können.

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