Neues vom Schlafbaum
  • In Westen nichts Schlaues

    Entgegen üblicher Arbeitsmarktstatistiken steigt in Berlin je näher der Winter rückt die Zahl der Bauarbeiter dramatisch an. Diese erkennt man auf ihrem Fahrrad morgens auf dem Weg zur Baustelle an ihren Warnwesten. Gern sieht man sie auch auf Gehwegen oder knapp an einem vorbeifahren, wenn man dusselig an der roten Ampel hält. Ob ihr Fahrrad Licht hat und es angeschaltet ist, sieht man nicht, denn es wird von der Weste überstrahlt.

    Eigentlich dürfte ich nichts gegen die armen Kreaturen haben, die so voller Angst um sich selbst sind, dass sie sich freiwillig in Funktionskleidung einrollen, damit sie in der Großstadt bloß gesehen werden. Allerdings ist es ein Trend und es ist zu erwarten, dass sich dieses Verhalten mehr und mehr durchsetzt.

    Eines Tages ist dann die kritische Masse erreicht und ein Jäger in seinem Auto wird weinen, dass er die gerade totgefahrene Beute ja garnicht sehen konnte, weil sie nicht wie die eben die kritische Masse eine Warnweste trug.

    Damit wäre ein weiteres Mal im Straßenverkehr aufgrund niedriger Beweggründe (Angst und Egoismus) die Meinung gefestigt, dass der Schwächere dem Stärkeren nachzugeben hat. Das ist das Gegenteil meiner Definition von Menschsein und daher kämpfe ich weiter tapfer für die Westenfreiheit und sage der ängstlichen Beute: Bleib stark und lass die Weste aus, denn mit jedem Westenträger werde ich etwas unsichtbarer! Da bin ich jetzt auch mal egoistisch.

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  • Sollbruchstelle

    Gestern habe ich zum dritten Male den Öffnungsmechanismus der Eisfachtür meines Kühlschrankes, oder wie die deutsche Sprache es möglich macht den Kühlschrankeisfachöffnungsmechanismus mit meiner bekannt brachialischen männlichen Art zerstört. Dass ich letztlich lediglich ein Plastikteil auf vielleicht acht Quadratmillimeter zerbrochen habe, möchte mein überbordendes Testosteron… aber wo war ich?

    Das Eisfach kann weiterhin geschlossen werden, so wie auch Anfang des Jahres und schonmal 2013, aber ich muss mich jetzt wieder bei jedem Öffnen etwas zusammenreißen und das ist ein Verlust von Lebensqualität. Es ist auch ein Zeichen von überragender Lebensqualität, wenn diese durch eine defekte Eisfachtür in Mitleidenschaft gezogen wird, aber immer geht es irgendwem irgendwo schlechter und diese Tatsache sollte uns im Leben nicht leiten, aber wo war ich?

    Ich ärgere mich in diesem Falle erheblich, da ich eben erst vor ein paar Monaten für etwa 400 Ostmark (um mal künstlich den Empörungsgrad dieses Artikels hochzuhalten) eine neue Tür gekauft habe, denn selbstverständlich kann man in unserer neoliberalen Gesellschaft (Empörungsgrad…) nicht einfach nur den Griff, sondern natürlich nur die ganze Tür neu kaufen. Noch dazu wurde der Kühlschrank – wie ziemlich viele – in der Türkei hergestellt und wer weiß, ob ich in diesen Zeiten überhaupt eine neue bekomme, wenn ich nicht vorher ganz lieb dem Führer huldige, aber wo war ich dieses Mal?

    Ich sollte einfach nicht so viel Eis essen, dann muss ich auch die Tür nicht ständig aufmachen.

  • Zeichen

    Es gab Zeiten, da habe ich hier deutlich mehr geschrieben. Es gab aber auch Zeiten, da habe ich mich über deutlich mehr geärgert und ich kann über Ärger aus Erfahrung viel schöner schreiben, als über Freude.

    Die Herrscht derzeit: Freude über meinen baldigen Urlaub, Freude über Menschen und es ist erstaunlich, was Freude aus einem machen kann.

    Es ist mir tatsächlich derzeit vollkommen egal, dass ich in einem komplett irrsinnigen Land lebe, in dem Dank Fußball der Irrsinn auch erstmal wieder ein paar Wochen ungeniert ausgelebt werden darf.

    Es ist mir egal, was Verfassungsschützer straffrei von sich gebenExterner Link können, es ist mir egal, dass mein Wohnort einen senilen RassentheoretikerExterner Link zum EhrenbürgerExterner Link macht, es ist mir egal, dass mein Heimatland einen gefährlichen IrrenExterner Link hofiert, anstatt ihn wie Menschen aus einem Land mit Eiern in die Schranken zu weisenExterner Link (weil die Menschen dort zugegeben genug mit eigenen, gefährlichen Irren zu tun hatExterner Link).

    Mir ist auch egal, dass die Politik in ganz Europa täglich neue Fragen stellt, auf die andere einfache Antworten haben und wir mit Hurra auf dem Weg in ein neues Mittelalter sind. Da können ja dann meine Kinder leben und mich dafür hassen, dass es mir egal war. Dahin ist es freilich noch ein weiter Weg, denn Kinder bekommt man ja nicht über Nacht.

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  • Mietnest

    Besucher

    Besucher

    Ich berichtete ja von den Leuten, von denen ich dachte, es seien meine neuen Nachbarn, aber es hat sich schnell herausgestellt, dass ihnen die Wohnung offenbar nicht zusagte, denn sie tauchten nach einem Besuch länger nicht mehr auf. Zwischendurch habe ich zwei, drei Male mitbekommen, dass sich ein Single oder ein Pärchen die Wohnung angeschaut hat, es gab sogar mal einen Kampf zwischen einer Taube und einer Krähe, aber erst dieses Wochenende war sie wieder für längere Zeit besetzt. Ob es das gleiche Pärchen war, wie vor ein paar Wochen kann ich nicht sagen – die sehen ja alle gleich aus mit ihren Vollbärten, engen Hosen, Dutts Federn und Krallen.

    Vielleicht ist der Preis der Wohnung einfach zu hoch und alle, die ich sehe sind nur auf Besichtigung, oder es ist eine mittlerweile „verbotene“, vermietete Ferienwohnung, vielleicht für gestresste Pärchen, die endlich mal dem dauernd hungrigen Nachwuchs entkommen wollen. Falls man sie wirklich mieten kann, dann mit Sicherheit über AirBnB.

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