Neues vom Schlafbaum
  • Frommer Wunsch

    Polizeiarbeit

    Polizeiarbeit

    Anfang Februar wurde bei uns im Haus eingebrochen, mitten am Tag in eine Wohnung relativ weit oben. Ich war den Tag zuhause, habe aber nichts ungewöhnliches mitbekommen. Da es nicht der erste Einbruch war, will ich aktuelle Geschehnisse damit nicht in Verbindung bringen. Ich bin auf jeden Fall davongekommen und die Polizei erledigte ihre Arbeit, also die Aufnahme des Einbruchs, sowie das Anbringen eines Hinweiszettels an der Haustür, dass es einen Einbruch gab. Das ist vermutlich tatsächlich alles, was sie getan haben, dachte ich.

    Heute allerdings kam noch ein Zettel hinzu und ein komischer Aufkleber an der Haustür. Damit ist das Verbrechen natürlich ein für alle Male besiegt. Sicherlich ist jeder Hausbewohner, von denen viele ja nicht einmal in der Lage sind, Wege zu benutzen, die Kellertür abzuschließen (das machen vermutlich nur ein Nachbar und ich mittlerweile aus Reflex), oder das Tor zu schließen, wenn man seinen Blechkäfig hindurchgerollt hat, jetzt total aufmerksam und schafft es vielleicht auch mal, den Finger vom Türöffner zu lassen, wenn von unten einer „Werbung“ ruft. Das hülfe auch gleich gegen Werbung.

    Selbst wenn alle Bewohner den Kreuzberger in sich töten würden, blieben Hausmeister oder anderes Handwerkspersonal, um freien Eintritt zu gewähren. So waren die letzten vier Werktage irgendwelche Wasserleitungsreparierer im Haus und ließen nicht nur das Hoftor, sondern auch die Haustür mit dem Hinweis der Polizei sperrangelweit auf.

     

    Um mich nicht komplett zu ärgern, erinnere ich mich lieber daran, dass der Sitz der Wasserleitungsfirma im Rohrdamm ist.

    Etwas ähnliche Artikel: Letzte Aufgabe, Ein weiteres Ende, Weiter, immer weiter

  • Zur Menschenwürde

    Während meiner Reise schrieb ich in den Reisebericht:
    „…Am Stadionausgang stand man in einer ordentlichen Schlange und am Zug war jeweils nur ein leerer Waggon so lange geöffnet, bis er voll war und man wurde entsprechend eingewiesen.

    Das wäre in Deutschland schon Einschränkung der persönlichen Entfaltung und in Kreuzberg ein Anschlag auf die Menschenrechte. Mir gefällt es dennoch besser als das Chaos an der S-Bahn vorm Olympiastadion.

    Schlagen verwalten können die Amerikaner.“

    Im Laufe meiner Reise stand ich fünf Mal an Flughäfen an teilweise mehreren Schlangen an, dazu am Stadion und verschiedenen Sehenswürdigkeiten. Es gab Hand- und Nacktscanner, Sicherheitstore und außer in Frankreich gab es dazu jeweils freundliches, zuvorkommendes und verzeihendes Personal. Durch die Absperrbänder gab es kein Gedrängel, durch fehlendes Gedrängel keinen Unmut und vorne wurde dafür gesorgt, dass die Schlange immer in Bewegung ist. Auf das Ausziehen der Schuhe könnte ich verzichten, aber ansonsten habe ich mit all dem Prozedere keine Schwierigkeiten, sehe es nicht zwangsläufig als Sicherheitsgewinn, aber auch nicht als Einschränkung.

    Selbst wenn alles nur Schikane wäre und man Schikane nicht durch andere relativieren soll: Das erste Sicherheitstor an einer Sehenswürdigkeit durchschritt ich vor mehr als zehn Jahren im Reichstag und das Anstehen am Olympiastadion ist in jedem Aspekt deutlich stressiger als in Century Link oder MetLife und dazu wird man hier auf dem Weg ins Stadion noch von hilflosen Hilfsarbeitern angefasst. Das würde in den USA niemand wagen.

    Warum ich auf mein Geschimpfe an dieser Stelle noch eines draufsetzen musste?
    Im Tagesspiegel schreibtExterner Link meine geschätzte, freiraumsüchtige, Rosabrillenträgerin heute tatsächlich im Zusammenhang mit solchen Kontrollen und Wartezeiten nicht nur von Menschenrecht, sondern sogar von Menschenwürde. Ihr wird immerhin in den Kommentaren erklärt, welche unwürdige Unverschämtheit das gegenüber Menschen ist, denen tatsächlich ihre Würde genommen wurde.

    Etwas ähnliche Artikel: Gestorben an sich selbst, Einwanderungsbremse, Reisen für Zeitreiche

  • Karmafrage

    Gladbach hat nun das vierte Ligaspiel in Folge verdient und unter glaubwürdiger Darstellung absoluter Hilflosigkeit im Spielaufbau gegen einen mittelmäßigen Gegner verloren und ich mache mir weiterhin intensiv Gedanken über die Gründe, wenngleich noch nicht über möglichen Folgen.

    Offensichtliche Gründe wie Höhenrausch nach der letzten Saison, den Verlust von Kramer und Kruse (den ich noch immer nicht so sehr bedaure), den bedeutenden langen Ausfall von Stranzl (der sich heute gleich wieder schwer verletzt hat) und Dominguez, die natürliche Übergarstigkeit von Xhaka will ich dem Kicker-Forum überlassen, während ich es auf der Metaebene probiere:

    Ausgeschlossen als Ursache ist mittlerweile der Ort, an dem ich die Spiele schaue, denn nur 2,5 Halbzeiten habe ich in der wiedereröffneten Blues Garage gesehen. Auch an meiner Motivation kann es nicht liegen, denn ich bin jedes Spiel wieder voller Hoffnung angegangen und stand auch nur Bruchteile davon unter geringem Alkoholeinfluss.

    Mögliche Ursache kann also nur noch die Tatsache sein, dass es das vierte von vier Ligaspielen „exklusiv“, also zu einer Zeit anders als Samstag 15:30 Uhr war. An bestimmten Kommentatoren von Sky lag es auch nicht – nur einmal war es Reif.

    Vermutlich allerdings liegt es an der relativ großen Gladbachfahne, die ich in Elternzeitabwesenheit meines lieben Kollegen an seiner Wand aufgehängt habe, um die zahlreichen Fotos seines Sohnes und Agitationsposter gegen Totalüberwachung und Karnismus zumindest eine Weile nicht jede Arbeitssekunde sehen zu müssen. Als guter Europäer habe ich natürlich in seiner Anwesenheit nie etwas gesagt und sie tun mir ja auch nicht doll weh, aber wenn er wieder da ist (oder das hier in seiner Abwesenheit liest), sollte ich mit ihm mal darüber reden, ob er sie nicht vielleicht in meinem Rücken, also seinem Sichtfeld aufhängen möchte. Dann wäre dem Karma zugute getan und Gladbach kann erfrischt den Klassenerhalt angehen.

    Noch dazu haben die Patriots letzte Nacht extrem überlegen gewonnen. Meine Hoffnungen liegen also derzeit auf Sonntag Abend.

    Etwas ähnliche Artikel: Forza Juve!, Terminplanung, Saisonende

  • Mehrverkehr

    Habe ich vor ein paar Wochen noch die leere Stadt gelobt, die ich in den Sommerferien vorfand, muss ich spätestens seit dieser Woche vom absoluten Gegenteil berichten, denn die Straßen sind so voll, dass man fast aggressiv werden kann: Knoten von Autos mit Fahrern, die nie gelernt haben, eine schon verstopfte Kreuzung nicht noch einzufahren, lösen sich am Kleistpark oder Bundesplatz garnicht mehr auf, jeder muss seine noch so große Karre in das kleinste Loch stecken, sei es in einem Parkplatz, oder auf dem Gehweg. In beidseitig befahrbaren, einspurigen Straßen gibt niemand nach, sondern Gas. Wobei die Straße ja eigentlich dreispurig ist, aber zwei davon für das gottgegebene Recht auf einen Parkplatz vorm Haus missbraucht werden. Warum gibt es in Berlin eigentlich keine Einbahnstraßen? Nur, weil sich niemand dran hält? Selbst im Supermarkt gab es heute Stau, weil ein mittelalter Vater die Leergutrückgabe zu einem Spielplatz für seine Töchter machen musste.

    Ich habe drei Theorien für meinen derzeitigen Eindruck:

    Die wahrscheinlichste ist, dass ich über den Genuss der ruhigen Zeit hinweg einfach vergessen habe, wie schrecklich es vor Ferienbeginn war. Schlimme Erlebnisse müssen zum Glück absurd schlimm sein, um sich langfristig an sie zu erinnern. Der Rest der Erinnerung ist ja immer nur Freude.

    Vielleicht haben aber auch alle Berliner in den Sommerferien gedacht, dass es so schön leer auf den Straßen ist, dass sie sich endlich den Wunsch erfüllen könnten, ein eigenes Auto zu besitzen, mit dem man Sonntags nicht schon um sieben am Haus sein muss, um den Tatort nicht zu verpassen.

    Oder aber das sind all die syrischen Ärzte und Ingenieure, die zur Arbeit fahren. Wobei wir bei den Verkehrschaos eine Rutsche neuer Unfallärzte sicher gut gebrauchen können.

    Ähnliche Artikel: In Westen nichts Schlaues, Selbstverständliches