Neues vom Schlafbaum
  • Entfleckung

    Vor knapp einem Jahr war mir nach viel Geld ausgeben, weshalb ich mir einen neuen iMac kaufte – wie immer „Generalüberholt“, wie es auf Deutsch so schrecklich heißt. Der war und ist super und ich pfeife auf Retina. Im Store habe ich heute wieder vergessen, mir so ein Gerät mal anzuschauen und dass mein neues Arbeitsnotebook einen Bildschirm mit verdammt vielen Pixeln hat, ist mir auch erst in dieser verrückten Systemsteuerung von Windows aufgefallen, aber wo war ich…

    Ein kleines Problemchen mit dem Gerät habe ich aus Faulheit elf Monate zu ignorieren versucht: Unten am Bildschirm waren zwischen Display und Scheibe links Fingerabdrücke von armen, kleinen Chinesen und rechts eigenartige dunkle Streifen. Nun hat wie ich vermutlich kein Mainzer (so korrigiert Mac OS „Macnutzer“) am unteren Rand helle Fenster und sieht das demnach kaum, aber wenn ich das Ding in ein paar Jahren verkaufen will, wird jemand darauf schauen und mir hundert Euro abziehen, daher habe ich mich wenige Wochen vor Ablauf der Garantie zum Reklamieren überwunden und muss einmal mehr sagen, dass Apple zwar etwas mehr Geld für seine Sachen haben will, der Service aber grandios ist:

    Ein schnelles, freundliches Telefongespräch (nach dem die gute Frau am Telefon drei Stunden meine Musik im Netz gehört zu haben scheint), ein Termin im Apple Store, eine klare Aussage, dass ich die 480 Euro für den Austausch des Displays nicht zahlen muss und heute war das Ding schon fertig und fleckenfrei. Auch war die Fehlerdiagnose im Store aus technischer Sicht sehr spannend: Ich hätte nichtmal die Kontoauszüge und Pornos vorher vom Gerät löschen müssen, denn die brauchen dafür keine Festplatte.

    Dafür bedanke ich mich herzlich und nahm das typische Geduze im Laden genauso in Kauf wie die sieben Kilometer, die ich das Ding auf dem Gepäckträger im Dunkeln durch Berlin fahren musste. Es ist nichts passiert – so heruntergekommen und kriminell scheint die Stadt also doch noch nicht zu sein, zumindest in Schöneberg und Charlottenburg.

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  • Neues aus der Lokalpolitik

    Letzte Woche war ich erstmals Gast bei einer Sitzung von Bezirkspolitikern, wenn auch nur beim Ausschuss für Stadtentwicklung. Der Grund waren die Bäume, oder eher mal zu schauen, wer sich da so herumtreibt, sowohl in den Reihen der Politikerähnlichen, als auch denen der Besucher. Es genügten dafür wenige Schubladen und die Stunde, die ich dort ausgehalten habe, verlief so ähnlich, wie ich mir Politik am Ende der Demokratie vorgestellt habe:

    Zum Bürgerantrag zur Ablegung des Bauvorhabens bei mir am Markt wurde Beschlossen, dass es in diesem Ausschuss nichts dazu zu beschließen gibt, sondern im Ausschuss für Verkehr und Grünflächen, der aber erst nach der BVV stattfindet, in der darüber entschieden wird, ob das Bauvorhaben umgesetzt wird. Bis zur Sitzung des zuständigen Ausschusses soll schon gefällt sein, denn dann droht die Schonzeit.

    Es folgte ein Architekt, der seine Planung für das Haus an der Ecke am Kleistpark vorstellte. Dieses passt sich äußerlich sehr schönExterner Link an den gegenüberliegenden Bau aus ehemaligen Reichshauptstadtplänen an und soll Platz für 115 Studentenappartements mit Quadratmeterpreisen jenseits der 15 Euro bieten, um es sehr knapp und hoffentlich nicht abmahnwürdig zusammenzufassen. In der folgenden Diskussion fand ich es bemerkenswert, mit welcher Ruhe jeglicher Fragesteller hinnahm, dass keine einzige Frage beantwortet, sondern direkt zum nächsten Fragesteller übergegangen wurde und im Kern ging es in etwa darum, dass genaue Pläne zur Verträglichkeit des Gebäudes für das Umfeld erst nach Baugenehmiung erstellt werden könnten, die erst erteilt werden kann, wenn die genaueren Pläne bekannt seien. Dass der Investor direkt hinter einer bestimmten Fraktion saß und fleißig tuschelte, ist offenbar normal. Einige Fragen waren durchaus interessant, beispielsweise, wo 115 Studenten, die offenbar Geld genug für das Appartement haben, ihr Auto, für das das Geld dann auch noch reichen wird, parken sollen, wenn es nur 15 Stellplätze gibt (und in der Umgebung bekannterweise keinen einzigen). Oder wie man verhindern kann, dass aus dem Appartements später Eigentumswohungen würden. Letzteres würde durch die Baugenehmigung verhindert (was man aber jederzeit wieder ändern könnte), meinte Frau Klotz.

    Dann gab es ein paar Anträge verschiedener Fraktionen, die jeweils von allen anderen abgelehnt wurden, Piraten und Linke fielen wenn nur durch ungebührliches Benehmen auf und die bewegten Bürger sahen ebenfalls genau so aus, wie ich sie mir vorstellte, also überwiegend mittelalt, weiblich und frustriert.

    Ich könnte stundenlang so weiter erzählen, aber lasse es lieber. Ob ich mir in dieser Woche die BVV antue, in der neben dem Antrag der CDU zur Ablehung des Fällens der Bäume noch zwei, drei interessante Sachen neben viel dekadentem Luxus wie „Umbenennung des Tempelhofer Felds“ besprochen werden, kann ich nicht sagen. Die CDU lehnt das Bauvorhaben am Marktplatz übrigens nicht ab, weil Bäume gefällt werden müssten (was die Grünen an dieser Stelle übrigens super findenExterner Link, aber am Kleistpark ablehnen), sondern weil der Ablauf ein schlechtest Bild auf die Bürgerbeteiligung werfen würdeExterner Link. Immerhin.

     

    Um nochmal meinen Standpunkt klarzustellen: Ich bin für den Bau am Kleistpark, wenn man sicherstellt, dass sich der Bezirk nicht über den Tisch ziehen lässt, insbesondere für den Bau auf der gegenüberliegenden Brache und für den Bau des Weges am Markt, aber gegen den Durchgang zum Markt, denn Müllwege haben wir schon genug.

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  • Spielempfehlung: Life Is Strange

    Life Is Strange

    Life Is Strange

    Wenn man wie ich seine jugendlich hormonverseuchte Suche nach Sinn sich erheblich durch John Hughes‘ FilmausstoßExterner Link beeinflussen ließ, dazu vielleicht noch ein Schuss GooniesExterner Link und Stand By MeExterner Link, dann bleibt man ein Leben lang empfänglich für Coming-of-age-Highschool-Mystery-Krams. Darum hat mich „Life Is Strange“Externer Link auch relativ schnell gepackt, während Menschen, die zehn oder mehr Jahre jünger sind und nur Disney und Vampirschnulzen kennen, wogegen Donnie DarkoExterner Link nun allein nicht ankämpfen konnte, vielleicht etwas ratlos vor dem Spiel stehen. Auch bin ich möglicherweise alt genug, um einige Kritikpunkte erst garnicht zu sehen, aber ich fange doch lieber vorne an:

    In fünf Episoden will ein französisches Studio eine mysteriöse Geschichte um ein Mädchen auf einem amerikanischen College erzählen, mit dem und um das das ein oder andere vorgeht (um es mit den Worten von Perd HapleyExterner Link auszudrücken). Die erste Episode erschien zu meinem Geburtstag, die anderen folgen regelmäßig bis zum Herbst. Mit der ersten habe ich nun knapp vier Stunden verbracht und fand sie fesselnd, großartig und zugegeben gar bewegender, als mir lieb ist. Ich fand sie großartig, obwohl:

    • ich trotz Flashbacks und ihrer Gedanken nicht so recht weiß, was das Problem der Spielfigur ist
    • die Charaktere ziemlich stereotyp sind, wenngleich mit unterschiedlichem Erfolg versucht wird, ihnen Tiefe oder überraschendes Verhalten zu geben
    • die Spielmechanik des Zurückdrehens der Zeit trotzdem nichts an der Linearität des Spiels ändert, sondern diese teilweise noch verstärkt, wenn man sieht, dass verschiedene Entscheidungen bis auf einen Satz zum selben Dialog führen und die Zeitreise (wie üblich) nicht logisch zu Ende gedacht ist
    • ich im Spiel eingestehen muss, dass ich an diesen ganzen Emo-Indie-Hipster-Scheiß offenbar viel näher dran bin, als mir lieb ist
    • es viele kleine und größere Seltsamkeiten bezüglich Logik und Verhalten der Figuren gibt
    • der TrailerExterner Link ein komplett anderes Bild vom Spiel vermittelt

     

    Ich fand sie großartig, weil:

    • die Stimmung im ganzen Spiel nachvollziehbar und passend ist und mit wenig Mitteln hervorragend diese grundlose Achtzigerjahre-Teenie-Basisdepression vermittelt
    • der Grafikstil und all die Dinge, die man sich anschauen kann, perfekt dazu passen
    • die Songersingwritermusik und deren Platzierung in der Geschichte dieses noch verstärkt
    • ich offenbar so alt bin, dass ich mich nicht mehr wundere, ob Achtzehnjährige in den USA heutzutage wirklich so aussehen und sprechen
    • der Spielfluss nie zum erliegen kommt und nie schneller ist als Schrittgeschwindigkeit
    • es in Umgebung, dem nebenbei entstehenden Tagebuch, den Dia- und Monologen durchweg nicht dämlich zugeht, zumindest soweit ich das bei Themen wie Popkultur, Fotografie und jüngere Kunstgeschichte beurteilen kann (also sehr, wenig und kaum)
    • ich mich trotz oder wegen all der genannten Punkte in dem Spiel beispielsweise unglaublich davon fesseln lassen kann, einfach mal eine Minute die auf einer Schaukel sitzenden Spielfigur bei ihren Gedanken an die Vergangenheit zu Begleiten

     

    Der Trailer macht mir noch etwas Sorgen, denn er nährt die Furcht, die Langsamkeit der ersten Episode könnte sich im Laufe des Spiels in unnötiger Hektik verlieren. Das wäre schade, aber ich werde es in Kauf nehmen, nur um die Leute im Spiel näher kennenzulernen und die Geschichte weiter zu erfahren.

    Wer immer am Gamepad seinen Sinn für Zeit, Ruhe und Gefühl behält und nicht sauer ist, dass in der ganzen Episode nur zwei Pistolen vorkommen und ganz wenig Blut, dem ist dieses Spiel von mir wärmstens empfohlen.

    Wer immer diesen wirren Bericht mit den vermutlich meisten Popkulturreferenzen, die ich je in einem Artikel benutzt habe, nicht verstanden hat, dem nicht.

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  • Go Hawks!

     
    Go Hawks!
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