Neues vom Schlafbaum
  • In Westen nichts Schlaues

    Entgegen üblicher Arbeitsmarktstatistiken steigt in Berlin je näher der Winter rückt die Zahl der Bauarbeiter dramatisch an. Diese erkennt man auf ihrem Fahrrad morgens auf dem Weg zur Baustelle an ihren Warnwesten. Gern sieht man sie auch auf Gehwegen oder knapp an einem vorbeifahren, wenn man dusselig an der roten Ampel hält. Ob ihr Fahrrad Licht hat und es angeschaltet ist, sieht man nicht, denn es wird von der Weste überstrahlt.

    Eigentlich dürfte ich nichts gegen die armen Kreaturen haben, die so voller Angst um sich selbst sind, dass sie sich freiwillig in Funktionskleidung einrollen, damit sie in der Großstadt bloß gesehen werden. Allerdings ist es ein Trend und es ist zu erwarten, dass sich dieses Verhalten mehr und mehr durchsetzt.

    Eines Tages ist dann die kritische Masse erreicht und ein Jäger in seinem Auto wird weinen, dass er die gerade totgefahrene Beute ja garnicht sehen konnte, weil sie nicht wie die eben die kritische Masse eine Warnweste trug.

    Damit wäre ein weiteres Mal im Straßenverkehr aufgrund niedriger Beweggründe (Angst und Egoismus) die Meinung gefestigt, dass der Schwächere dem Stärkeren nachzugeben hat. Das ist das Gegenteil meiner Definition von Menschsein und daher kämpfe ich weiter tapfer für die Westenfreiheit und sage der ängstlichen Beute: Bleib stark und lass die Weste aus, denn mit jedem Westenträger werde ich etwas unsichtbarer! Da bin ich jetzt auch mal egoistisch.

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  • Angekreidet

     
    Angekreidet

    Während ein paar Bekannte und ich uns auf andere Weise dagegen wehren, dass jeder Baum in Berlin vollgepisst und mit Blech vollgestellt wird, dürfen Kinder das auf viel freundlichere Weise.

    Gerade an dieser Ecke, die seit Eröffnung des orientalischen Lebensmittelladens dort von der Straßenverkehrsordnung nur noch träumen kann, ist das auch wirklich nötig, wenn auch so ergebnislos wie überall anders.

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  • Autofreiheit

    Freiheit

    Freiheit

    Der erste Mai in Kreuzberg war dieses Jahr garnicht schlimm, denn es waren verhältnismäßig wenig Menschen da. Es gab auch kaum Stände und Bühnen und war damit der Beweis, dass Menschen durchaus wegbleiben, wenn ihnen die Anreize fehlen. Ironisch, dass dieser Beweis ausgerechnet in Kreuzberg erbracht wurde, aber zum Thema:

    Die größte Attraktion für mich mich war die Oranienstraße, denn man konnte bei der lichten Menschenmenge sehen, wie unfassbar breit und schön diese Straße ist, wenn sie nicht dauerhaft in der ersten, zweiten und dritten Reihe mit schwarzem Blech vollgestellt ist. Das könnte man Lebensqualität nennen und ich tue es. Ebenso frei und wohl wurde mir die Tage erstmals um die Ecke auf der Kollennenbrücke, denn die ist normalerweise auch beidseitig bis über die Parkverbote hinaus zugeparkt und wären dort nicht die meist schön angemalten Poller, stünden die Automobilistensärge auch noch auf dem Gehweg. Jetzt hat das Bezirksamt von – ich glaube da ist schon Kreuzberg – eine Radspur auf jede Seite gemalt und das Parken auf einer verboten und man kann beim Überqueren der Brücke endlich richtig Luft holen. Die Verkehrsführung inklusive der neuen Fußgängerinsel ist aber noch immer seltsam und so sind sich die gesellschaftsfernen unter den Radfahrern natürlich weiterhin nicht zu blöd, statt des Radweges den daneben liegenden Fußweg zu nehmen, wenn sie vom Flaschenhals auf die Schöneberger Schleife wollen. Letztere geht jetzt übrigens bis zum Südkreuz und noch ist man dort neben S-Bahn und Kirschbäumen erfreulich allein.

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  • Tod und Zerstörung II

    Rathausacker

    Rathausacker

    So wenig, wie im gestrigen Beitrag Zerstörung enthalten war, so wenig ist in diesem Tod, aber es klingt dramatischer.

    Nach einem Wasserrohrbruch letzten Mittwoch sieht die Kreuzung vor dem Rathaus derzeit etwa so aus wie Anfang 1945. Der große Krater in der Mitte ist auf dem Bild sogar nur noch im Ansatz zu erkennen, aber trotzdem ist es insgesamt eine riesige Baustelle, die leider auf einer offenbar nicht unwichtigen Kreuzung stattfindet. Die Kreuzung habe ich schon immer gehasst – vielleicht nutzt man die Gelegenheit ja mal für etwas vernünftige Verkehrsplanung. Ja, ich muss selbst über den letzten Satz lachen. Bei dieser Baustelle und „Verkehrsplanung“ in Schöneberg, denke wohl nicht nur ich an die Maaßenstraße, die auch bei Sonnenschein noch immer aussieht, als wäre dort Ideologie mit voller Wucht auf die Wirklichkeit geprallt.

    Hauptschulhof

    Hauptschulhof

    Aber zurück zum Rathaus: So wie das Wasser es tat, ergießt sich nun die nächsten sieben bis zehn Wochen die elfte biblische Plage, also der motorisierte Individualverkehr über die ansonsten eigentlich schönen Straßen in der Umgebung. Die Belziger endet im Chaos, die Straßen um den Park kann man garnicht mehr befahren, was dummerweise mein Arbeitsweg ist. Ich muss mir für nächste Zeit also einen neuen aussuchen. Immerhin führt der dann nicht am Standesamt vorbei, denn Hochzeiten können dort leider trotz Baustelle stattfinden.

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