Neues vom Schlafbaum
  • In Westen nichts Schlaues

    Entgegen üblicher Arbeitsmarktstatistiken steigt in Berlin je näher der Winter rückt die Zahl der Bauarbeiter dramatisch an. Diese erkennt man auf ihrem Fahrrad morgens auf dem Weg zur Baustelle an ihren Warnwesten. Gern sieht man sie auch auf Gehwegen oder knapp an einem vorbeifahren, wenn man dusselig an der roten Ampel hält. Ob ihr Fahrrad Licht hat und es angeschaltet ist, sieht man nicht, denn es wird von der Weste überstrahlt.

    Eigentlich dürfte ich nichts gegen die armen Kreaturen haben, die so voller Angst um sich selbst sind, dass sie sich freiwillig in Funktionskleidung einrollen, damit sie in der Großstadt bloß gesehen werden. Allerdings ist es ein Trend und es ist zu erwarten, dass sich dieses Verhalten mehr und mehr durchsetzt.

    Eines Tages ist dann die kritische Masse erreicht und ein Jäger in seinem Auto wird weinen, dass er die gerade totgefahrene Beute ja garnicht sehen konnte, weil sie nicht wie die eben die kritische Masse eine Warnweste trug.

    Damit wäre ein weiteres Mal im Straßenverkehr aufgrund niedriger Beweggründe (Angst und Egoismus) die Meinung gefestigt, dass der Schwächere dem Stärkeren nachzugeben hat. Das ist das Gegenteil meiner Definition von Menschsein und daher kämpfe ich weiter tapfer für die Westenfreiheit und sage der ängstlichen Beute: Bleib stark und lass die Weste aus, denn mit jedem Westenträger werde ich etwas unsichtbarer! Da bin ich jetzt auch mal egoistisch.

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  • Robben mögen’s dunkel

    Lampenstummel

    Lampenstummel

    Letztes Wochenende wurde ich durch Trubel vor dem Balkon geweckt. Dort hatten offenbar drei kleine Hipster, wie sie im Buche stehen – mit hilflosen Bärten, engen Hosen, Haare zum Dutt und Mate in der Hand – mit einer Leihrobbe den Lampenmast so in Schwung gebracht, dass das Glas der Gaslaterne sich löste und auf dem Boden zerschepperte.

    Sie oder jemand riefen daraufhin die Polizei, denn diese kam, sowie die Feuerwehr mit Leiterwagen und ein Krankenwagen, der garnicht stehenblieb, nachdem kurz die Lage gecheckt wurde. Es lief alles friedlich und ordentlich ab, jeder begutachtete mal die Lampe, auch ich, denn sie knisterte fröhlich und es strömte auch hör- und riechbar Gas aus. Nachdem meine These, dass alle Polizistinnen gut aussehen, erneut bestätigt wurde, löste sich der Trubel langsam auf, die Robbe fuhr weg und anschließend kamen noch drei Fachleute von irgendwelchen Gasbetrieben, von denen Letzterer mit einem Korbausfahrwagen (so heißen die doch?) die komplette Lampe abnahm und den Gashahn verschloss.

    Somit haben die drei Leute mit ihrem Fahrfehler insgesamt 13 Leute an einem eigentlich freien Tag beschäftigt und mir einige Stunden Spaß bereitet. Ich würde gern wissen, was sie das kostet, aber vermutlich tut es das uns.

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  • Mehrverkehr

    Habe ich vor ein paar Wochen noch die leere Stadt gelobt, die ich in den Sommerferien vorfand, muss ich spätestens seit dieser Woche vom absoluten Gegenteil berichten, denn die Straßen sind so voll, dass man fast aggressiv werden kann: Knoten von Autos mit Fahrern, die nie gelernt haben, eine schon verstopfte Kreuzung nicht noch einzufahren, lösen sich am Kleistpark oder Bundesplatz garnicht mehr auf, jeder muss seine noch so große Karre in das kleinste Loch stecken, sei es in einem Parkplatz, oder auf dem Gehweg. In beidseitig befahrbaren, einspurigen Straßen gibt niemand nach, sondern Gas. Wobei die Straße ja eigentlich dreispurig ist, aber zwei davon für das gottgegebene Recht auf einen Parkplatz vorm Haus missbraucht werden. Warum gibt es in Berlin eigentlich keine Einbahnstraßen? Nur, weil sich niemand dran hält? Selbst im Supermarkt gab es heute Stau, weil ein mittelalter Vater die Leergutrückgabe zu einem Spielplatz für seine Töchter machen musste.

    Ich habe drei Theorien für meinen derzeitigen Eindruck:

    Die wahrscheinlichste ist, dass ich über den Genuss der ruhigen Zeit hinweg einfach vergessen habe, wie schrecklich es vor Ferienbeginn war. Schlimme Erlebnisse müssen zum Glück absurd schlimm sein, um sich langfristig an sie zu erinnern. Der Rest der Erinnerung ist ja immer nur Freude.

    Vielleicht haben aber auch alle Berliner in den Sommerferien gedacht, dass es so schön leer auf den Straßen ist, dass sie sich endlich den Wunsch erfüllen könnten, ein eigenes Auto zu besitzen, mit dem man Sonntags nicht schon um sieben am Haus sein muss, um den Tatort nicht zu verpassen.

    Oder aber das sind all die syrischen Ärzte und Ingenieure, die zur Arbeit fahren. Wobei wir bei den Verkehrschaos eine Rutsche neuer Unfallärzte sicher gut gebrauchen können.

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  • Auto gegen Mensch

    Barrikaden

    Barrikaden

    Einmal mehr ist an diesem Wochenende noch bis morgen früh die Yorchstraße gesperrt, was wieder einmal dazu führt, dass all die Autofahrer, die mindestens drei Verkehrsschilder, die es ihnen die Durchfahrt verboten, übersehen haben (so wie sie rote Ampeln übersehen, oder Radfahrer und Fußgänger, die sie deshalb totfahren) dämlich auf dem Marktplatz rumkurven. Die heute beobachteten Reaktionen sind vielfältig: Einige beschimpfen ihr Navi, einige die aufgestellten Poller, einige schimpfen nur so und fahren mit lautem Motor zurück, woher sie kamen. Eigentlich sind die Reaktionen also doch garnicht vielfältig: alle schimpfen, dabei sind sie ganz allein Schuld.

    Ich war zum Glück die erste Nacht nicht da, die gestrige unglaublich müde und heute kommt Football, also habe ich nicht viel Zeit, mich zu ärgern. Andere Anwohner allerdings haben sich bereits zu helfen versucht. So stand heute Nachmittag die fotografierte Barrikade am Nordende und die Schranke im Süden ist ebenfalls gegen Öffnen gesichert. Die Barrikade ist derweil schon wieder weggeräumt: Wenn man sich schon an keine Regeln hält, dann auch nicht an Barrikaden.

    Vielleicht können die Anwohner hier ja diese Nacht noch etwas üben. Barrikaden bauen zu können wird ja immer wichtiger und sollte nicht allein den Kreuzbergern überlassen werden. Wer weiß, auf welcher Seite die stehen werden…

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