Motodrom
Zum zweiten Mal in diesem Jahr ist die Yorck gesperrt, weil man an einer der dreißig Brücken arbeitet, eine abbaut oder dazutut. Das ist grundsätzlich gut, wenn es der S-Bahn hilft oder gar den Radfahrern, sorgt aber dafür, dass der Generalszug von Westen kommend durch einige leicht verständliche Schilder ab Einfahrt in die Goeben gesperrt ist. Nun lässt sich der Berliner von einer Mauer meistens, von Schildern aber fast nie davon abhalten, zu tun, was er zu tun hat und da zunächst nur Schilder an der Straße stehen, bevor hinter der Kreuzung zur Mannstein tatsächlich eine Mauer aus Baufahrzeugen den Weg dichtmacht, wird er natürlich in diese und dann auf den Marktplatz vor meinem Balkon getrieben (wird er natürlich nicht: er fährt offensiv alles missachtend dahin). Dort auf dem Platz hat er dann zwei Möglichkeiten:
Er kann aus seinem Wagen etwas von seiner Umwelt wahrnehmen und sieht damit den Ausweg über den Fußweg Richtung Süden, den er illegal befährt, oder er kann das nicht und dreht frustriert um. Letzteres ist häufiger der Fall, sodass es mir aus der heute wetterbedingt unschließbaren Wohnung vorkommt, als sei ich Gast an der Nordschleife. Schon in der Ferne heulen die Motoren der Fahrzeuge der jungen Männer, die zum ersten Mal erfahren, wie es ist, etwas nicht zu dürfen und auf dem Platz selbst herrscht ein Treiben, das im Bolschoi Theater stehende Ovationen hervorrufen würde.
Mir zeigt das, wie unwohl ich mich in einer Wohnung an einer Durchgangs- oder Hauptstraße fühlen würde und damit, wie gut ich es sonst hier habe. Dennoch – auch wenn es nur zwei Nächte sind: Stellt eine Streife vorne an die Straße und sagt den Leuten, dass sie eben mal anderthalb Kilometer Umweg fahren müssen. Die müssen dafür ja nur kurz den rechten Fuß bewegen und es ist sogar nur eine Ampel mehr als sonst.
Besonders ärgerlich war der Beginn der Sperrung, weil der in die Zeit fiel, zu der all die Hupensöhne von ihrer Feierrundfahrt auf dem Kurfürstendamm zurückkehren wollten.