Neues vom Schlafbaum
  • Neues aus der Lokalpolitik

    Letzte Woche war ich erstmals Gast bei einer Sitzung von Bezirkspolitikern, wenn auch nur beim Ausschuss für Stadtentwicklung. Der Grund waren die Bäume, oder eher mal zu schauen, wer sich da so herumtreibt, sowohl in den Reihen der Politikerähnlichen, als auch denen der Besucher. Es genügten dafür wenige Schubladen und die Stunde, die ich dort ausgehalten habe, verlief so ähnlich, wie ich mir Politik am Ende der Demokratie vorgestellt habe:

    Zum Bürgerantrag zur Ablegung des Bauvorhabens bei mir am Markt wurde Beschlossen, dass es in diesem Ausschuss nichts dazu zu beschließen gibt, sondern im Ausschuss für Verkehr und Grünflächen, der aber erst nach der BVV stattfindet, in der darüber entschieden wird, ob das Bauvorhaben umgesetzt wird. Bis zur Sitzung des zuständigen Ausschusses soll schon gefällt sein, denn dann droht die Schonzeit.

    Es folgte ein Architekt, der seine Planung für das Haus an der Ecke am Kleistpark vorstellte. Dieses passt sich äußerlich sehr schönExterner Link an den gegenüberliegenden Bau aus ehemaligen Reichshauptstadtplänen an und soll Platz für 115 Studentenappartements mit Quadratmeterpreisen jenseits der 15 Euro bieten, um es sehr knapp und hoffentlich nicht abmahnwürdig zusammenzufassen. In der folgenden Diskussion fand ich es bemerkenswert, mit welcher Ruhe jeglicher Fragesteller hinnahm, dass keine einzige Frage beantwortet, sondern direkt zum nächsten Fragesteller übergegangen wurde und im Kern ging es in etwa darum, dass genaue Pläne zur Verträglichkeit des Gebäudes für das Umfeld erst nach Baugenehmiung erstellt werden könnten, die erst erteilt werden kann, wenn die genaueren Pläne bekannt seien. Dass der Investor direkt hinter einer bestimmten Fraktion saß und fleißig tuschelte, ist offenbar normal. Einige Fragen waren durchaus interessant, beispielsweise, wo 115 Studenten, die offenbar Geld genug für das Appartement haben, ihr Auto, für das das Geld dann auch noch reichen wird, parken sollen, wenn es nur 15 Stellplätze gibt (und in der Umgebung bekannterweise keinen einzigen). Oder wie man verhindern kann, dass aus dem Appartements später Eigentumswohungen würden. Letzteres würde durch die Baugenehmigung verhindert (was man aber jederzeit wieder ändern könnte), meinte Frau Klotz.

    Dann gab es ein paar Anträge verschiedener Fraktionen, die jeweils von allen anderen abgelehnt wurden, Piraten und Linke fielen wenn nur durch ungebührliches Benehmen auf und die bewegten Bürger sahen ebenfalls genau so aus, wie ich sie mir vorstellte, also überwiegend mittelalt, weiblich und frustriert.

    Ich könnte stundenlang so weiter erzählen, aber lasse es lieber. Ob ich mir in dieser Woche die BVV antue, in der neben dem Antrag der CDU zur Ablehung des Fällens der Bäume noch zwei, drei interessante Sachen neben viel dekadentem Luxus wie „Umbenennung des Tempelhofer Felds“ besprochen werden, kann ich nicht sagen. Die CDU lehnt das Bauvorhaben am Marktplatz übrigens nicht ab, weil Bäume gefällt werden müssten (was die Grünen an dieser Stelle übrigens super findenExterner Link, aber am Kleistpark ablehnen), sondern weil der Ablauf ein schlechtest Bild auf die Bürgerbeteiligung werfen würdeExterner Link. Immerhin.

     

    Um nochmal meinen Standpunkt klarzustellen: Ich bin für den Bau am Kleistpark, wenn man sicherstellt, dass sich der Bezirk nicht über den Tisch ziehen lässt, insbesondere für den Bau auf der gegenüberliegenden Brache und für den Bau des Weges am Markt, aber gegen den Durchgang zum Markt, denn Müllwege haben wir schon genug.

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  • Zeit für Protest

    Es war schon einmal einfacher, ein Thema für einen Artikel zu finden, da die meisten Fragen derzeit ein paar Nummern zu groß sind. Warum mahnwachen 3000 Menschen, nachdem ein Mann erstochen, aber niemand, nachdem eine schwangere Frau lebendig verbrannt wurde? Muss das sein, dass diffuse Feinde wie „die Märkte“, oder „die Regierung“ keinen einzigen Unzufriedenen auf die Straße bringen, „der Moslem“ aber sofort zehntausende? Wenn ich zwischen Rente und Schweineschnitzel entscheiden müsste, wüsste ich aber, was wofür die Voraussetzung ist (außer bei Schlachtern).

    Aber bevor jetzt alle „o weh“ rufen schnell zum eigentlichen, weil total unverfänglichen Thema: Bäume. Es hängen mal wieder Plakate in der Nachbarschaft, in der auf die Fällung von Bäumen hingewiesen wird, sowie auf eine Sitzung der BVV, in der es aber laut Internet um Bildung und Kultur geht anstatt um Bäume und die ich deshalb wohl nicht besuchen werde. Ein Ableger der hier schon öfters besprochenen Initiative hat offenbar Informationen über die Pläne, die man in diesem Internet verdammt nochmal nicht findet, nach denen aber im Rahmen der Umgestaltung des Geländes neben der S-Bahn 91 Bäume gefällt werden sollen Zur Anschauung hat Initiative oder Bezirk diese schon einmal mit Geschenkband umschleift. Soweit ich das heute erkennen konnte, sind wesentlich mehr als 91 Bäume markiert, wobei viele davon vielleicht auch als Gebüsch durchgehen. Aus meiner Sicht ist das nicht notwendig, denn der Weg ist schon breit genug und insbesondere eine geplant fünf Meter breite Schneise vom Marktplatz zum Bahngelände würde mich zum Gegner des Umbaus machen, denn nicht nur gibt es zehn Meter weiter schon eine genau solche, die derzeit noch Zugang zur Baustelle ist, aber als öffentlicher Zugang genauso funktioniert und außerdem kann ich aus Erfahrung voraussehen, was passiert, wenn es einen Zugang direkt vom Marktplatz gibt: Das ganze Gelände wird zweimal wöchentlich zugeparkt und spätestens nach einem Monat stehen dort größere Mengen aussortierter Möbel zwischen sonstigem Hausmüll.

    Ich werde das Thema und die Inititative weiter verfolgen, irgendwann vielleicht ihre Internetseite verlinken, wenn dort mehr steht als nichts ohne Impressum und vielleicht auch mal auf die Straße gehen, denn wenn ich zwischen Schweineschnitzeln und Bäumen entscheiden müsste…

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  • Das Volk

    Heute musste ich schon wieder eine offizielle Entscheidung treffen, denn es gab mal wieder einen Volksentscheid. Dieses Mal ging es darum, ob der Strom billiger und grüner wird. Das zumindest dachten offenbar ziemlich viele aber zum Glück nicht genug Berliner.

    Natürlich wird der Strom nicht billiger, wenn man der Politik Mittel in die Hand geben will, um einen großen Fehler der Politik aus der Vergangenheit wieder gut zu machen. Ein großes Unternehmen mit knallharten Supermanagern ist sicher in der Lage, mit dem Stromnetz viel Geld zu machen. Ob eine Berliner Behörde allerdings zu etwas in der Lage ist, ist bisher unbewiesen und alle Rechenspiele sind sinnlos, solange Berlin pleiterer ist als der Rest der Welt und es eh unklar ist, ob eine solche Behörde mit der Bewerbung um das Stromnetz erfolgreich gewesen wäre.

    Mir persönlich ist es ehrlich gesagt egal, ob man möglicherweise in zehn oder zwanzig Jahren Gewinn machen kann, wenn man es nicht vorher in irgendwelchen Gremien versemmelt. Wenn ich billigeren Strom haben will, wechsele ich den Anbieter und wenn ich ein Jahr später billigeren Strom haben will, wechsele ich wieder. Das ist Demokratie im Zeitalter des Kapitalismus und nicht blödes sonntägliches Kreuzchenmachen, das ich dennoch niemals verpassen werde.

    Man wird im Alter schon ziemlich desillusioniert, wenn nicht gar konservativ und es ist fast erschreckend, dass man (also ich) sich freut, dass es ausreichend anderen auch so geht. Positiv gesagt ist das heutige Scheitern demnach ein klares Signal für mehr Volksentscheide.

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  • Freie Sicht

    Nun ist es auch um den letzten Baum am umstrittenen Grundstück in der Nachbarschaft geschehen. Laut ZeitungsartikelExterner Link kamen frühs 70 Pilozisten, um einen von Zivikollegen gemeldeten Wachübergang auszunutzen, die Baumwache und das dazugehörige Camp zu räumen. Wenn es um Privatinteressen geht, ist die Polizei also ganz schön pfiffig.

    Die Fällung muss dann zügig geschehen sein, denn abends lag nur noch die zerhackte Baumleiche auf dem Grundstück und damit ist Platz für die massive Bebauung. Die Fällung der ersten Bäume war offenbar auch nicht so plötzlich und zufällig, wie man hier und da hörte, denn das Amt teilt den VorgangExterner Link im Nachhinein als durchaus geplant mit.

    Im Forum des Tagesspiegel ließen sich in erster Linie treue Staatsbürger darüber aus, wer den Schaden zahlt, den die Verzögerung verursacht hat, die durch die Baumbesetzungen hervorgerufen wurde. Auch ich finde die Aktion grundsätzlich albern, weil wie schon geschrieben der Verlierer von Vornherein feststand. Was es da zu zahlen gibt, kann ich aber nicht nachvollziehen. Ich würde lieber wissen, wer die 70 Pozilisten bezahlt, die hier einen Vormittag lang dafür gesorgt haben, dass Privateigentum vergoldet werden kann. Die bekommen bestimmt einen Anteil – das wäre doch nur fair.

    Die Anwohner sollten nun den Winter mit freiem Ausblick in die Ferne genießen, bevor nächstes Jahr ein steriler Block vor ihrer Nase steht, in dem Menschen für teures Geld direkt an einer S-Bahn, einer klappernden Autobrücke und einem Rückzugsort für Drogensüchtige wohnen dürfen – ach, wie wird das schön. Nächstes Jahr widmen wir uns dann gemeinsam der Ursache für mein Interesse an der ganzen Sache, nämlich der Bebauung an der S-Bahntrasse.

    Dafür nochmal die zusammengefassten Lektionen: Das Geld hat immer Recht, die Politik bescheißt und zur Not verübt man Gewalt.

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