Neues vom Schlafbaum
  • Spielempfehlung: Life Is Strange

    Life Is Strange

    Life Is Strange

    Wenn man wie ich seine jugendlich hormonverseuchte Suche nach Sinn sich erheblich durch John Hughes‘ FilmausstoßExterner Link beeinflussen ließ, dazu vielleicht noch ein Schuss GooniesExterner Link und Stand By MeExterner Link, dann bleibt man ein Leben lang empfänglich für Coming-of-age-Highschool-Mystery-Krams. Darum hat mich „Life Is Strange“Externer Link auch relativ schnell gepackt, während Menschen, die zehn oder mehr Jahre jünger sind und nur Disney und Vampirschnulzen kennen, wogegen Donnie DarkoExterner Link nun allein nicht ankämpfen konnte, vielleicht etwas ratlos vor dem Spiel stehen. Auch bin ich möglicherweise alt genug, um einige Kritikpunkte erst garnicht zu sehen, aber ich fange doch lieber vorne an:

    In fünf Episoden will ein französisches Studio eine mysteriöse Geschichte um ein Mädchen auf einem amerikanischen College erzählen, mit dem und um das das ein oder andere vorgeht (um es mit den Worten von Perd HapleyExterner Link auszudrücken). Die erste Episode erschien zu meinem Geburtstag, die anderen folgen regelmäßig bis zum Herbst. Mit der ersten habe ich nun knapp vier Stunden verbracht und fand sie fesselnd, großartig und zugegeben gar bewegender, als mir lieb ist. Ich fand sie großartig, obwohl:

    • ich trotz Flashbacks und ihrer Gedanken nicht so recht weiß, was das Problem der Spielfigur ist
    • die Charaktere ziemlich stereotyp sind, wenngleich mit unterschiedlichem Erfolg versucht wird, ihnen Tiefe oder überraschendes Verhalten zu geben
    • die Spielmechanik des Zurückdrehens der Zeit trotzdem nichts an der Linearität des Spiels ändert, sondern diese teilweise noch verstärkt, wenn man sieht, dass verschiedene Entscheidungen bis auf einen Satz zum selben Dialog führen und die Zeitreise (wie üblich) nicht logisch zu Ende gedacht ist
    • ich im Spiel eingestehen muss, dass ich an diesen ganzen Emo-Indie-Hipster-Scheiß offenbar viel näher dran bin, als mir lieb ist
    • es viele kleine und größere Seltsamkeiten bezüglich Logik und Verhalten der Figuren gibt
    • der TrailerExterner Link ein komplett anderes Bild vom Spiel vermittelt

     

    Ich fand sie großartig, weil:

    • die Stimmung im ganzen Spiel nachvollziehbar und passend ist und mit wenig Mitteln hervorragend diese grundlose Achtzigerjahre-Teenie-Basisdepression vermittelt
    • der Grafikstil und all die Dinge, die man sich anschauen kann, perfekt dazu passen
    • die Songersingwritermusik und deren Platzierung in der Geschichte dieses noch verstärkt
    • ich offenbar so alt bin, dass ich mich nicht mehr wundere, ob Achtzehnjährige in den USA heutzutage wirklich so aussehen und sprechen
    • der Spielfluss nie zum erliegen kommt und nie schneller ist als Schrittgeschwindigkeit
    • es in Umgebung, dem nebenbei entstehenden Tagebuch, den Dia- und Monologen durchweg nicht dämlich zugeht, zumindest soweit ich das bei Themen wie Popkultur, Fotografie und jüngere Kunstgeschichte beurteilen kann (also sehr, wenig und kaum)
    • ich mich trotz oder wegen all der genannten Punkte in dem Spiel beispielsweise unglaublich davon fesseln lassen kann, einfach mal eine Minute die auf einer Schaukel sitzenden Spielfigur bei ihren Gedanken an die Vergangenheit zu Begleiten

     

    Der Trailer macht mir noch etwas Sorgen, denn er nährt die Furcht, die Langsamkeit der ersten Episode könnte sich im Laufe des Spiels in unnötiger Hektik verlieren. Das wäre schade, aber ich werde es in Kauf nehmen, nur um die Leute im Spiel näher kennenzulernen und die Geschichte weiter zu erfahren.

    Wer immer am Gamepad seinen Sinn für Zeit, Ruhe und Gefühl behält und nicht sauer ist, dass in der ganzen Episode nur zwei Pistolen vorkommen und ganz wenig Blut, dem ist dieses Spiel von mir wärmstens empfohlen.

    Wer immer diesen wirren Bericht mit den vermutlich meisten Popkulturreferenzen, die ich je in einem Artikel benutzt habe, nicht verstanden hat, dem nicht.

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