Neues vom Schlafbaum
  • Auf der Suche nach dem grünen Gewissen [aktualisiert]

    Seit ein paar Tagen gibt es die Suchmaschine Ecosia, die verspricht, mit jeder Suchanfrage 2m² Regenwald zu schützen. Vom Schreibtisch aus den Regenwald schützen klingt grundsätzlich super, mal schauen:

    Die Suchmaschine sagt, es werden Suchergebnisse von Bing und Yahoo (also Microsoft) übernommen und auch deren Werbung angezeigt. Klickt jemand auf eine Anzeige, gehen mindestens 80% vom Ecosias Einnahmenteil an den WWF.

    Das heißt für mich: Klickt niemand auf eine Anzeige oder werden die Anzeigen erst garnicht dargestellt (weil blockiert, wie bei mir), bekommt der WWF nichts. Die Angabe geschützter m² pro Suche ist also eine rein rechnerische und vermittelt fälschlicherweise den Eindruck, schon alleine die Suche würde etwas bringen. Das kann man machen, es führt sicherlich auf Dauer aber nicht zu mehr Klicks auf die Werbung, sondern zu einem schlechteren Schnitt.

     

    Nach dieser Rechnung wurden in den ersten 18 Tagen knapp 4 Millionen m² geschützt, oder wie man auf dem Land sagt, 400 Hektar. Laut WikipediaExterner Link schrumpft der tropische Regenwald jährlich mindestens 8 Millionen Hektar. Bleibt es bei der Hochrechnung, hat die Suchmaschine also im Jahr auf ca. 0,1% der vernichteten Fläche einen nicht näher definierten Einfluss („schützen“ halt).

    Die auf der Suchmaschine verlinkten Hintergründe beim WWFExterner Link geizen mit Fakten. Kurz sagt dazu die SuchmaschineExterner Link, dass man dort mit 5 Euro einen Hektar Regenwald schützen kann, egal wovor und wie lange.

    Dazu läuft die Suchmaschine komplett mit Ökostrom. Es wird also für die Suchanfragen – auch die, die keine Werbeeinnahmen generieren – kein CO₂ freigesetzt, das noch nie einen Menschen gesehen hat. Jedenfalls nicht bei Ecosia – wie es bei Microsoft ist, bei den Werbetreibenden, beim WWF und bei den Nutzern, wird nicht berechnet. Ohne Rechnung kann man aber sagen: die klimaneutralste Suche bleibt die nicht getätigte.

    Beim ersten Angebot des Herren Erfinders („Forestle“) zog anscheinendExterner Link Google schnell die Bremse. Vielleicht wollen Werber garnicht, dass die ganzen Ökofreaks wie blöde auf ihre Anzeigen klicken. Das versucht man jetzt einzudämmen.

     

    Ich würde mich ja freuen, wenn dieses Angebot irgendetwas bewirkt, aber alles in allem bleibt ein komisches Gefühl, wie schon damals beim Saufen für den Regenwald. Möglicherweise ist – ungeachtet des Bauchgefühls – fast nichts tun ja besser als nichts tun, aber wer nichts tut macht immerhin auch nichts kaputt.

    Übrigens: schon mit 50 Euro Weihnachtsablassspende kann man sich über 100 tägliche Suchabfragen ersparen und das sogar offline.

     

    Aktualisiert am 23.12.09

    Ich musste an die Zahlen nochmal ran, weil es doch arg viel Einfluss zu sein schien, da ich mich tatsächlich um eine Kommastelle vertan habe und weil ich heute in einem Buch (ohne nähere Quellenangabe) gelesen habe, dass Krombacher in den bisherigen fünf Kampagnen insgesamt gut 83 Millionen m² geschützt habe. Das schafft Ecosia also in etwas über einem Jahr. Ohne Simple Minds, Günther Jauch, Tatort und Fußball.

    Nach den Zahlen in dem Buch hat Krombacher für einen Hektar Regenwald übrigens noch 400 Euro bezahlt. Regenwald wird also nicht nur rasant weniger, sondern auch rasant billiger. Wenn das der Markt wüsste.

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