Neues vom Schlafbaum
  • Einwanderungsbremse

    Ich war schon in verschiedenen Ländern, die nicht meines sind und nie war es ein Problem, dort hinzukommen, mal die nur am Rande mitbekommenden Quälereien an der ehemaligen Zonengrenze beiseite gelassen.

    Im Herbst plane ich grob, in das Land der Freien und der Heimat der Tapferen zu fliegen, wenngleich bisher noch nicht ausgeschlossen ist, dass es eine fixe Idee bleibt. Dafür habe ich bereits erfolgreich einen Reisepass besorgt, wobei ich etwas verwundert war, dass mir dieser diese Woche im Bürgeramt ohne jede weitere Kontrolle übergeben wurde. Ich bin mir sicher, der Herr hinter der Theke hat sich nicht einmal mein Foto angeschaut. Wobei ein deutscher Pass derzeit ja auch nicht so begehrt ist wie ein syrischer.

    Der nächste Schritt ist das esta-Formular. Damit gibt es offenbar im Moment etwas Probleme, denn das Formular im Internet lädt in jedem Schritt absurd langsam und wenn man die deutsche Fassung wählt, was sich für mich anbietet, bleibt der ein oder andere Lacher nicht aus. Dass man ganz offen gefragt wird, ob man unter einem Decknamen bekannt ist oder nach terroristischen Angriffen trachtet, ist ebenso witzig wie die Übersetzungen einzelner Überschriften wie „Speisekarte“, „Wegbeschreibung“, oder „Überprüfen Sie Ihre Anwendung“. Ob ich am weichen Schlanker erkrankt bin, konnte ich verneinen und mein Trauma durch den Besuch der entsprechenden Wikipediaseite laste ich direkt dem DoHS an.

    Viel schlimmer ist, dass ich den Antrag bisher nicht abschließen kann, weil nicht nur die Ladezeiten an meinen Nerven zehren, sondern auch in jedem neuen Formular wieder neue Probleme auftraten, weil ich Pflichtfelder nicht ausfüllen darf, oder Bestätigungen nicht angenommen werden und wenn das alles doch klappt, scheitert es an der Verschlüsselung der Kreditkartendaten. Warum werden die überhaupt verschlüsselt, wenn die dort drüben eh schon jeder weiß?

    Vermutlich ist das ein reines IT-Problem: Die Seiten wurden neulich neu aufgesetzt, um aktuellen Bedürfnissen zu entsprechen. Sie sind also hochgradig intercative, responsive und all dieser moderne Scheiß. Dann kann man natürlich nicht einfach irgendwo einen Schritt zurückgehen, wenn etwas nicht klappt, sondern fängt in neuer Session von vorne an. Noch dazu sagt mir jetzt Firefox unter Windows, dass das Verschlüsselungszertifikat nicht echt ist, was ich aber hinnehme, weil ich mich zur Verschlüsselung oben schon entsprechend geäußert habe.

    Wie wäre es für die Bundesregierung, ein ähnliches Formular für die Zuwanderer aus dem Süden einzurichten? Das wäre vermutlich deutlich abschreckender als hoher Seegang. 

    Aktualisiert am folgenden Morgen:

    Ich habe unter Zuhilfenahme einiger Biere und einem Stofftier zum Anschreien doch noch erfolgreich die 14 Euro Eintritt bezahlt. Ich hoffe, der Beamte am Flughafen findet in seinem Computer den entsprechenden Hinweis, nachdem er das falsche Zertifikat bestätigt hat.

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  • Abseits der Moderne

    Ich konnte mich nie über Kabel Deutschland beklagen, was wohl daran lag, dass ich deren olles Kabelfernsehen, das ich mit den Nebenkosten bezahle, lange Jahre nicht benutzt habe: Wenn es dort jemals eine Störung gab, habe ich sie schlicht nicht bemerkt.

    Vor anderthalb Jahren habe ich mich aber komplett von diesem Kabel abhängig gemacht, also nicht ich mich, aber die in mein Haus reichenden Medien aller Art reichen nun alle durch Deutschlands Kabel und das bisher auch fast problemlos. Derzeit aber ist das Kabel gekappt.

    Nun ruft mich niemand an und der Volksempfänger läuft weiterhin selten, die Internetlosigkeit allerdings tut bereits ein wenig weh, obwohl es im Kleinformat auf dem Funktelefon ja weiterhin funktioniert. Ich bin gespannt, wie viele Tage ich es noch aushalten muss und wieviele ich können werde.

    Was mich aber schon jetzt ärgert, ist der Umgang mit Störungen. Im Internet (auf dem Telefon) wurde mir sofort angezeigt, dass es eine bekannte Komplettstörung in meiner Gegend gäbe. Soweit – so bekannt, aber dass ich deshalb kein eigenes Ticket aufmachen kann, wurmt mich. So komplett kann die Störung auch nicht sein, denn laut Abfrage funktioniert die Leitung in allen Nachbarhäusern tadellos. Auch ein Anruf bei der Hotline brachte gestern nichts: Erst wurden alle Daten, die ich just mühevoll eingetippt hatte, nochmal angefragt, dann wurde gelogen („zentrale Störung“) und auf meinen diesbezüglichen Hinweis wurde man patzig. Das habe ich damals anders gelernt. Alles in allem fühle ich mich schlecht informiert und hilflos und habe daher auch keine große Hoffnung auf ein baldiges Ende.

    So bleibt mir die Hoffnung auf ein sonniges Wochenende, die Suche nach einer nicht abgebrannten FußballkneipeExterner Link in der Nachbarschaft und vielleicht lese ich sogar ein Buch.

    Der Ausfall ist übrigens erst seit Mittwoch, also nicht der Grund dafür, dass hier fast nichts passiert.

     

    Aktualisiert am 25.04.15: Nach einer Woche Ausfall ist alles so still und heimlich wie es verschwand wieder da. Danke für die Nachbarschaftshilfe, aber auch für die Erkenntnis, dass ein Leben ohne Internet möglich ist (wenn es nur zuhause ausgefallen ist).

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  • Besuch aus der Heimat

    Wurst

    Wurst

    Am Wochenende befand ich mich ja in einem Zentrum des Grünkohlgenusses, daher war dieser länger Thema und in diesem Rahmen unterlag ich dem Missverständnis, es gäbe tatsächlich in diesem kulturlosen Berlin irgendwo Kohlwurst zu kaufen. Der normale Berliner Prozess tagelanger Vorfreude mit folgender Enttäuschung, als ich im Rewe eben doch keine solche Wurst fand, brachte mich zum Äußersten: Einer Lebensmittelbestellung im Internet.

    Nahe meiner Heimat versendet ein Schlachter alle möglichen, schönen Dinge aus Tieren in die Welt, unter anderem Kohlwurst und Sommerwurst und diese kamen nach zwei Tagen mit der Rechnungsnummer 00000002 wohlbehalten bei mir an.

    Vor dem Kochen fiel mir auf, dass ich in meinem ganzen Leben noch keine ungekochte Kohlwurst gesehen habe und daher belästige ich den Leser lieber mit einem Foto des fertigen Essens.

    Auch wenn es noch keinen Frost gab, auch wenn es zuhause am besten schmeckt: Es ist schon ziemlich großartig und ich freue mich auf die nächsten fünf Portionen.

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  • Entnetzt

    Freunde sind eine tolle Sache. Ich hatte bei Facebook davon fast hundert und damit vermutlich weniger als fast alle und keiner davon hat letztes Jahr bemerkt, dass mein Profil wochenlang gelöscht war. Ich kehrte zurück, denn es ist nunmal ein verführerisch einfacher Weg, hin und wieder etwas von anderen Menschen mitzubekommen. Im Januar war das Experiment sehr erfolgreich, zu sehen was passiert, wenn man sein Geburtsdatum löscht, nämlich wie erwartet fast nichts.

    Vor einigen Wochen habe ich aufgeräumt und damit den Begriff „Freundschaft“ zumindest wieder ein kleinem Bisschen geschärft, was natürlich auch niemandem aufgefallen ist.

    Seit gestern habe ich null Freunde, weil eine weitere, gezielte Reduzierung an einigen Stellen unfair gewesen wäre. Mein Profil ist noch nicht gelöscht, damit ich noch ein paar Wochen sehen kann, dass es keine Reaktion geben wird. Die ein oder andere Kommunikation wird mir fehlen, aber der Bruchteil der Leute, der was von mir will, wird andere Wege dafür finden. Der große Rest kann ab jetzt offiziell bleiben, wo er will, denn umgekehrt ist es ja offenbar schon längst so.

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