Neues vom Schlafbaum
  • Die Daten sind frei

    Eigentlich wollte ich ja nicht darüber schreiben, was letzte Woche zum iPhone durch die Presse wehte. Die Angaben, die dort gemacht wurden, waren nämlich im Grunde ein alter Hut. Große Aufregung darüber gab es letzten Sommer, als bekannt wurde, dass Apple Daten über Standorte von WLan-Routern per iPhone sammelt. Das wusste jeder, der die Nutzungsbedingungen gelesen hat, also niemand.

    Jetzt liegen diese Daten unverschlüsselt auf der Festplatte des heimischen Rechners, wenn man den Haken zur Verschlüsselung nicht gesetzt hat. Ich habe mir die Daten selbst extrahiert und auf einer Karte angeschaut. Wenn man weiß, wo ich wohne und herkomme, wird man das auf der Karte wiedererkennen. Weiß man es nicht, wird die Schätzung schwer. Wenn man etwas über mich erfahren will, sollte man also eher meine SMS lesen, oder mein Adressbuch und meine Anrufliste. Die liegen nämlich alle direkt neben den Geodaten.

    Das ganze ist laut Apple jetzt also ein Bug. So wie der, der es dem Streetview-Auto erlaubt hat, bei der Suche nach Geodaten von WLan-Routern E-Mailadressen mitzusniffen. Das mag man glauben oder nicht, man sollte es nicht mögen, man sollte sich aber vor allem bewusst sein, dass man das nicht verhindern kann: Macht es einer nicht, macht es ein anderer. Aus diesem Prinzip haben wir Atombomben, Klonschafe und eben Listen mit Geodaten von WLan-Routern.

    Ich bin deshalb in diesem Fall auch ganz gelassen: Wer unbedingt Daten über mich haben will, bekommt sie. Wer wissen will, wo ich war, fragt meinen Mobilfunkanbieter. Wer wissen will, was ich runterlade, fragt meinen DSL-Anbieter. Dank fortschreitendem Kapitalismus ist das mittlerweile sogar die selbe Adresse.

     

    Eigentlich schreibe ich das alles nur, weil ich gerade gelesen habeExterner Link, dass TomTom Geschwindigkeitsdaten der Navi-Nutzer an die Polizei verkauft hat, damit diese an auffälligen Stellen blitzen kann. Ich weiß nicht, ob die, die sonst schreiben, sie hätten nichts zu verbergen, jetzt noch immer schreien, wo es plötzlich an ihre heilige Raserei geht.
    „Man sei davon ausgegangen, dass die Daten benutzt werden, um den Verkehr auf den Straßen sicherer zu machen … doch … plant die Polizei [damit]… geeignete Stellen für Radarfallen auszumachen.“ Wo ist da bitte der Widerspruch?

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  • Der ehrliche Dumme

    Nie wieder mache ich eine Steuererklärung.

    Ich muss ja auch garnicht. Ich habe eine olle Lohnsteuerkarte und um den Rest kümmert sich der Arbeitgeber, Staat, oder wer sich sonst noch für mein Geld interessiert. Ich mache es ja dann doch trotzdem jedes Jahr, weil ich damit 30 Minuten meiner Arbeitszeit nutze (diesen Steuerscheiß gibt es ja nur für Windows) und es eben so einfach ist: Zahlen von einem Blatt in ein Formular ausfüllen und abschicken. Gut – ich muss die Ausdrucke jedes Jahr zweimal beim Finanzamt einschmeißen, weil sie grundsätzlich einmal verloren gehen, aber das liegt auf dem Weg und ausdrucken tue ich auf der Arbeit, also egal.

    Dass ich dieses Jahr aber aufgrund meines Pflichtbewusstseins nachzahlen muss, finde ich unverschämt. Und damit sei an dieser Stelle gesagt: mein Geld bekommt ihr nicht! Ich bin gespannt, was der Staat unternehmen wird, um an die 2,11€ zu kommen und ich werde davon berichten.

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  • Orrdnung muss sein [aktualisiert]

    Polleralarm (sorry dafür)

    Polleralarm (sorry dafür)

    Was andere könnenExterner Link, kann ich auch: mich beim Ordnungsamt beschweren. In meinem Fall ging es mir darum, dass der Marktplatz vor dem Balkon im letzten Jahr zu einer stadtbekannten Abkürzung von der Yorck zur – ja, wohin eigentlich? – geworden ist, weil die Absperrungen nach dem Markt nicht zugemacht werden oder gleich auf den Laster nach Anatolien gepackt werden, der Platz also Tag und Nacht offen ist und jeder das weiß. Nachdem Freitag eine geleaste Proletenkarre fast ein skatendes Kind über den Haufen gefahren hat (Pluspunkt: der Fahrer hat es anschließend nicht angeschrien) und ich Samstag eine lautstarke Diskussion zwischen einem meiner Nachbarn und einem Bullifahrer, der meinte, im Recht zu sein, mitbekommen habe, musste ich einschreiten und melden. Das geht bei uns in der Großstadt einfach, aber nicht anonym per E-Mail.

    Das erstaunliche ist, dass ich nach nur einem Tag eine Antwort und nichtmal eine dumme erhalten habe. Die Poller würden halt oft geklaut, aber neue sind bestellt und die Schranke wird repariert, oder anders gesagt: es passiert nichts. Trotzdem freue ich mich über die Antwort, gibt sie dem kleinen Mann doch das Gefühl, er könne etwas ausrichten. Es hält den kleinen Man auch davon ab, die Wege mal selbsttätig abzusperren. Mit rot-weißem Absperrband. Mit Stacheldraht drin. Hach, das Geräusch würde ich mir als Klingelton machen. Man wird ja noch träumen dürfen.

     

    Aktualisiert am 05.04.11:

    Was sehe ich heute? Einer der Zugänge zum Platz ist mit den Pollern verschlossen, die die letzten drei Wochen daneben im Beet lagen. Und das mindestens bis heute Abend, denn dann beginnen die Marktvorbereitungen. Mein Mangel an Ego verbietet mir, mich für Kausalität oder Korrelation zu entscheiden. Die Schranke hundert Meter weiter ist noch immer geöffnet.

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  • Gegen Artikeltitel [aktualisiert]

    Ich werde alt.

    Zwar werde ich bis zu (meinem oder seinem) Ende gegen das System sein, aber ich bin kein Freund von Krawall. Ich werde gern für eine bessere Welt sterben, aber ich werde nicht dafür kämpfen. Das ist einer der Gründe, warum ich niemals mehr auf eine Demo gehen würde, die gegen irgendetwas ist oder irgendwas allgemein soziales fordert. Solche Ansammlungen ziehen immer zuviel komische Leute an, die plötzlich auch gegen ganz was anderes sind als die es die Demo ist oder sich betrinken und dann ausfällig werden.

    Ich will auf Demos gehen, die für irgendetwas sind. Und ich meine nicht für Verbote, denn das ist das gleiche wie gegen das zu sein, was man verbieten will. Ich will mich betrinken, ohne ausfällig zu werden. Solche Demos gibt es ganz selten. Auch Volksentscheide sind in der Regel gegen etwas (außer in Dänemark, da ist man für einen Tunnel unter dem Fehmarnbelt. Dagegen sind die Deutschen). In Friedrichshain war man just heute tatsächlich mal für etwas: für den Erhalt des Wohnprojektes Liebig14. Linke sind so schrecklich konservativ… Oder war man doch nur gegen die Räumung? Krawall gab es auf jeden Fall. Das Haus soll auch schon weitgehend unbewohnbar gemacht worden sein, denn was (selbst)gerechte Menschen nicht haben dürfen, sollen auch die anderen nicht haben.

    Ich finde das alles scheiße. Ich finde es scheiße, wie die Polizei reagiert, aber ich schreibe bewusst, REagiert, denn jeder linke Depp weiß, wie man Bullen provoziert und dieses Wissen auszunutzen finde ich noch scheißerer. Ich finde es auch scheiße, anderer Leute Eigentum zu zerstören, die Umgebung des Hauses in den eigenen Kampf gegen weiß ich was mit hineinzuziehen, Krawalltouristen anzulocken und das Opfer zu spielen. Ich finde es scheiße, dass ich bei ArtikelExterner Linkkommentaren mit Leuten einer Meinung bin, die zu fast allen anderen Themen in meinen Augen gefährlichen Mist schreiben. Und ich finde es besonders scheiße, dass sich durch ihre Solidarität mit solcher Szene Parteien unwählbar machen, die ich eigentlich gerne wählen würde (zu diesem Punkt danke an die Bewohner, dass ihr Ströbele nicht reingelassen habt).

    Ich muss das System nicht mögen. Ich muss keine Mieterhöhungen, Luxussarnierungen, Gentrifizierung, Spekulanten, Banken, Zinsen, Lobbyismus und sonstwas mögen, aber es ist nunmal so, dass man nicht gegen etwas sein kann, in dem man lebt, denn so wird man niemals ausschließen können, von etwas zu profitieren, das man im nächsten Moment bekämpft. Damit ist man mittendrin und damit ist man vor allem unglaubwürdig.

    Das System kann sich nur noch selbst zerstören und bin guter Hoffnung, dass es dafür nicht mehr lange braucht. Über so ein paar Krawallos lacht das System.

    Ach, und nochwas: ohne Verträge Miete auf Niveau von ’92 zahlen und Barilla-Nudeln im IKEA-RegalExterner Link stehen haben ist kein Stück alternativ.

     

    Aktualisiert am 04.02.2011: Diese Nachmacher vom TagesspiegelExterner Link. Ich fürchte nur, es ist nicht aufgrund meiner Genialität kopiert, sondern weil ich so schlicht denke und reagiere wie die meisten anderen Menschen.

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