Neues vom Schlafbaum
  • Digitale Welt

    Bei Null

    Bei Null

    Mir scheint, der Mensch wird nicht ruhen, bis die Welt versiegelt ist und jedes einzelne Ding auf ihr mit Strom funktioniert. Frohlocket, denn ein weiterer kleiner Schritt dahin wurde heute getan!

    Der jährliche Besuch vom Heizungsablesemokel liegt hinter mir. Ich erinnere mich an Zeiten, zu denen er komische bunte Röhrchen ablas, sie durch andere, komische bunte Röhrchen ersetzte, dann schrieb er die abgelesene Zahl auf ein Stück toten Baum, ich sah sie, musste unterschreiben und bekam einen Durchschlag. Seit einigen Jahren tippt er die Zahl nur noch in ein Gerät und ich bekomme garnichts. Das liegt vielleicht daran, dass die Zahl Jahr für Jahr größer wurde und es damit an der Zeit war, mir diese zu verheimlichen. Auch in der Küche passiert das übrigens, obwohl man die Heizung dort garnicht betreiben kann, da das Ventil von einem Kühlschrank dauerhaft geschlossen wird und komme mir niemand mit Einfrieren – wir sind hier nicht in Moskau.

    Seit eben nun krallt sich ein kleines, elektronisches Gizmo an meine Heizungen und macht Sachen, die ich in keiner Weise nachvollziehen kann und in einem Jahr wird es dem Heizungsmokel irgendetwas zuflüstern und ich stehe doof daneben und weiß nichts, außer dem, das es mir mitteilt, wenn ich sein Knöpfchen streichle (was wie man weiß selten die Wahrheit ist).

    Was ich weiß ist, dass ich am Ende bezahlen darf und daher wünschte ich mir eigentlich ein wenig Transparenz und Information, aber das tue ich auch an so manch anderer Stelle.

    Was ich sehe ist, dass das Elektroding wesentlich kleiner ist als seine analogen Großeltern und ich damit die nun freigewordene Fläche der Heizungen eigentlich neu streichen müsste, was mich besonders ärgert, denn das zahlt mir niemand und die Heizung im Wohnzimmer habe ich erst dieses Jahr neu gestrichen. Obwohl das eigentlich ein Vorteil ist, denn die Farbe davon steht noch auf dem Balkon – wo sie hingehört.

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  • Spätrömisch

    Was ich will kann man ja nicht kaufen, daher muss hin und wieder ein Grund gefunden werden, etwas aus meinem Geldspeicher zu nehmen, bevor es der Staat für die Banken tut. In der Regel tue ich das für Produkte von Apple, wo zwar meine beiden Rechner mittlerweile auch schon die Kita verlassen, ich mich aber auf den zweijährigen Rhythmus beim Telefon bisher verlassen konnte.

    Nach unverschämt langem Warten hatte ich bereits die Vorfreude verloren, als ich am Montag die neue Ausgabe bekommen habe. Selten hat mich ein Technikprodukt dermaßen wenig beeindruckt. Es ist unförmig, zu leicht, der Fingerscanner funktioniert nichtmal jedes zweite Mal (und garnicht, wenn das Telefon im Dock steht – vollkommene Fehlkonstruktion), die Sensoren sind schief und es kann einfach überhaupt garnichts, was man mit seinem Opa auch machen kann. Mein Blumenstrauß auf dem Tisch für ein Dreihundertstel des Preises hat mich die letzten zwei Tage mehr erfreut. Das Telefon beleidigte mich mit seiner Gewöhnlichkeit. Die größte Änderung in diesem Jahr war das neue iOS und das habe ich auf meinem alten Telefon auch, welches ich tatsächlich wesentlich schöner finde und das noch überhaupt nichts an sich hat, womit es um seine Ersetzung betteln würde.

    Das Ding kommt also wieder in den Karton und wird zurück ins späte Rom geschickt, wo es mit all den Rolex, Porsches und was es noch so gibt ohne dass jemals danach gefragt wurde, darauf warten kann, dass es zu Staub zerfällt.

    Ich muss derweil weiterhin nach etwas suchen, das mich in irgendeiner Form berührt. Wenn das nicht einmal mehr ein iPhone kann, wird das verdammt schwierig.

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  • Ein Blick auf Apple

    Ich habe lange nicht mehr über Neuigkeiten von Apple geschrieben, auch weil es seit dem gigantischen Fall der Aktien nach der Vorstellung des letzten iPhones, von dem ich mich langsam erholt habe, nicht viel neues gab.

    Es gab einen magersüchtigen iMac, zu dessen Kauf ich mich noch immer nicht durchgerungen habe, weil es bis heute kein überholtes Modell nach meinem Geschmack im Angebot gibt und seit dieser Zeit war im Portfolio von Apple wie in meinem Herzen eisige Stille.

    Jetzt wurde endlich etwas neues vorgestellt, denn satte Erstweltler wollen Neuigkeiten von außen, um ihre leere Hülle vergessen zu können. iOS7Externer Link finde ich als Besitzer eines weißen iPhones selbst in der ersten Fassung schön und sinnvoll und ich freue mich darauf. Einige iPhonebesitzer werden nach dem Update vermutlich bei mir anrufen (wenn sie es schaffen) und weinen, dass ihr Telefon kaputt ist, aber man muss auch offen für Neues sein.

    Das neue Mac OS läuft gerade hier auf dem Rechner und ist maximal unauffällig. Bei beiden Systemen hat man jahrelanges, berechtigtes Weinen der Nutzer erhört und auf Appleart befriedigt. Selbst das neue Macbook ist nicht ganz uninteressant, denn das Ding auf das ich hier tippe ist auch schon drei Jahre alt und hat keine Taszatirbeleutung.

    Die Aktie nahm die Neuerungen mit Protest auf, von denen ich eine große noch vergessen habe, weil sie mich nicht betrifft: Steve Jobsens UrneExterner Link. Ich mag Apple für ihre revolutionären Ideen und auch diese finde ich großartig, soweit man das bisher beurteilen kann. Nur fürchte ich, dass der Pro-Markt (nicht der Elektroniksupermarkt) nicht der richtige Ort für derlei Ideen ist. „Pros“ sind immer so leicht beleidigt, wenn man ihnen irgendwas wegnimmt. Ich bin gespannt, was dieses Jahr noch in diese Richtung passiert und ob ich es noch schaffe, den einen oder anderen Rechner im Haus auszutauschen, ohne am Ende selbst irgendwo beleidigt sein zu müssen.

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  • In die Moderne

    Pustemann

    Pustemann

    Es waren harte Zeiten bis vor einigen Monaten. Nach jedem Markttag mussten zahlreiche Männer mit klassischen Besen den Drittelhektar vor meinem Balkon von zertretenen Tomaten und faulem Obst und abgenutzten Pappkartons befreien. Wie und wohin die gigantischen Müllberge abgeliefert wurden, war mir nie klar und ich habe zum ersten Mal darüber nachgedacht, als die moderne Technik Einzug hielt.

    Das tat sie zuerst in Form eines Müllwagens mit eingebauter Presse. In diese kann einfach alles reingetan und winzig klein gemacht werden. Das dauert seine Zeit und so ist jeder späte Nachmittag erfüllt vom Lärm krachender Europaletten und dem angenehmen Piepton, der die an der Presse arbeitenden Leute auf ihre Gefährlichkeit hinweist.

    Dazu gesellte sich vor wenigen Monaten ein Mensch, der mit einem benzinbetriebenen und enorm lauten Pustedings die Arbeit der Feger erleichtern will. Dass er damit zwar die Pappkisten zusammenpustet, den Staub und Dreck aber auf dem Platz allerdings großräumig über die Nachbarschaft verteilt, wird im Glauben an die Technik ignoriert.

    Ich habe ja nichts gegen Fortschritt, aber ich mag gern den leisen und unauffälligen. Mir stundenlang mit Lärm auf die Nerven gehen, um etwas zu leisten, was früher auch ohne ging, mag ich nicht und ständig meinen Balkon fegen zu müssen mag ich erst recht nicht.

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