Neues vom Schlafbaum
  • Fusssball!

    Mauer

    Mauer

    Jetzt ist es wieder soweit: Über einen Monat lang wird im Auftrag einer Imperialistenbrause das Brandenburger Tor ummauert, damit sich junge Menschen in seinem Schatten betrinken können, während sie auf Leinwänden eine Sportart beobachten, die ein Unentschieden, aber kein Timeout kennt. Auch an anderen Stellen der Stadt werden überwiegend junge Männer die WM nutzen, um mindestens akustisch und vermutlich pyrotechnisch zu entgleisen. So wurde ich vorhin schon Stunden vor der Eröffnungsfeier mittels Drucklufttröten von Jungs geweckt, die zum Spiel sicher schon im Bett sein müssten, aber leider nicht sein werden.

    Dazu werden wir im Fernsehen mit Sätzen beglückt, wie: „Die neutralen Zuschauer werden sicherlich für Portugal sein“ (Löw, jetzau) und die Straßen und Fahrzeuge hängen voller Flaggen, als hätten wir schon jetzt die WM gewonnen, oder ein Land angeschlossen.

    Jedes wichtige Spiel (das sind dieses Mal erstaunlich wenige – es überwiegen Partien auf dem Niveau von Südkorea – Algerien) ist wieder begleitet von Fragen wie „wo schauen wir uns das an?“, „wird irgendjemand pünktlich da sein?“, „warum schmeckt das teure Bier so scheiße?“ und „was machen all die Spanier hier?“.

    In Brasilien werden sich hoffentlich so viele Menschen so laut wie möglich und auch gegen Gummigeschosse darüber äußern, dass es unzählige Probleme zu lösen gegeben hätte, bevor man dieses absurd teure Spektakel in diesem Land hätte abhalten dürfen.
    …und ich fürchte, es werden trotzdem für uns alle hier coole Wochen.

    Nebenbei: Schön, wie das ZDF mit Rethys Tonspur schonmal zwanzig Minuten das ’54-Gefühl aufleben ließ.

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  • Vergewaltigte Vergangenheit

    Dolomiti

    Dolomiti

    In diesem Sommer gibt es einen kleinen Besuch aus der Vergangenheit in Form von Dolomiti von Langnese, einem Eis, welches die Älteren von uns sicherlich noch aus der Badeanstalt kennen. Es war laut meiner Erinnerung damals schon sowas wie der Luxus unter den Stielwassereisen, auf jeden Fall etwas teurer als Capri, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es keine 1,96 Mark gekostet hat, wie es heute der Fall ist. Heute verdiene ich mein damaliges Montagstaschengeld zum Glück in der Stunde, also kann ich mir diesen Luxus ausnahmsweise leisten. Ob man allerdings junge Menschen mit Eis zu diesem Preis erreicht, wage ich zu bezweifeln.

    Hätte ich vorm Kauf das Satansmal unten links gesehen, hätte ich an des Kaufes Stelle vermutlich eher die Truhe zum Abtauen gebracht – stattdessen muss ich mich jetzt etwas schämen. Immerhin hätte eine preisbedingte Abschreckung der Jugend den Vorteil, dass sie nicht auch noch beim Eisgenuss auf diese schreckliche Zeitung gebracht werden, also werde ich mich nicht mehr beklagen. Apropos: Samstag in der U-Bahn hörte ich tatsächlich ein paar Junge Leute diese unsägliche WM-Sonderausgabe, die auch meinen Briefkasten verseucht hat, lesen und sie gingen die Flaggen der WM-Teilnehmer durch. Mit „Norwegen – nein Dänemark“ meinten sie offenbar die Schweiz, den beide von ihnen genannten Länder nehmen nicht teil. Ich gratuliere mir hiermit zu dem Alter, in dem ich junge Leute offiziell generell unerträglich und nutzlos finde (und vermutlich keine Vorstellung davon habe, wieviel Taschengeld sie heutzutage bekommen).

    Nebenbei: Das Eis war ok.

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  • Werbung für den Sport

    Football

    Football

    Ich bin ja eigentlich überhaupt nicht der Typ, der für 34 Stunden Aufenthalt durch Europa fliegt, aber ein Freundesbesuch und das Traumfinale Österreich gegen Deutschland bei der Football-EM brachen meinem Widerstand. Dazu boten Wetter und Umgebung echtes Urlaubsgefühl. Für jemanden aus dem Norden wirkt die Donau bei über 30 Grad durchaus mediterran.

    Wem es entgangen ist: Wir (Deutschland) haben leicht unverdient durch eine umstrittene Strafe gegen Österreich und eine darauffolgende taktische Großtat der deutschen Mannschaft erfolgreich den Europameistertitel verteidigt. Vor allem aber war es ein sehr gutes Spiel vor phantastischer Kulisse eines halbvollen Österreichischen Nationalstadions. Die Gesamtstimmung lässt wohl nur erahnen, wie ein NFL-Spiel abgeht, aber es war wirklich sehr gute Unterhaltung.

    Auch das Programm drumherum, also die anderen 30 Stunden, war sehr schön. Ich bin auch gern mal der Tourist und auch bereit dafür zu bezahlen, denn das darf man beim Heurigen oder in irgendwelchen Attraktionen ausführlich.

    Immerhin kann ich mich aber benehmen, womit wir zu der Berliner Art, Pfingsten zu verbringen, kommen: der ungebremsten Alkoholisierung auswärtiger Jugendlicher, deren Ausmaß ich Sonntag Abend in Kreuzberg noch an den bürgerkriegsähnlichen Zuständen auf den Straßen erahnen konnte. Ich finde, dass es Zeit wird, den Karneval mal wieder durch Kultur abzulösen.

    Mehr Bilder der Reise gibt es in der Galerie.

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  • Bankarbeitstage

    Ich habe es heute zum ersten Mal in meinem Leben geschafft, meine Bankkarte durch Eingabe zu vieler falscher Ziffern zu sperren. Immerhin wird eine Karte heutzutage nicht mehr gleich gefressen und so bekam ich sie mit der entsprechenden Meldung wieder – Geld allerdings bekomme ich erstmal keines mehr.

    Der Grund für die Vergesslichkeit liegt vermutlich darin, dass ich in letzter Zeit eher selten Geld abhebe, weil ich wenig brauche und hier und da etwas speichere: Wer weiß schon, wie lange es noch welches gibt? Das ist zum Glück auch der Grund dafür, dass ich noch eine Reserve für meinen Ausflug an Pfingsten habe und es daher kein Problem für mich ist, dass die Entsperrung zwei Bankarbeitstage dauert, also irgendwann Dienstag oder Mittwoch geschehen wird.

    Es bleibt die Frage, ob in der heutigen Zeit der irrsinnig schnellen Bits eine Bearbeitung von zwei Bankarbeitstagen vertretbar ist. Die Sperrung geschah ja auch in Sekundenschnelle, warum kann das die Entsperrung nicht? Der Mann am Telefon konnte die Entsperrung nur „beantragen“. Wird dieser Antrag dann in der Bank vom Entsperrungsgremium bearbeitet und anhand welcher Kriterien wird dann über ihn entschieden? Oder versuchen die Banken mit so etwas lediglich – wie Apotheken mit ihren langen Schubladen oder Fluglinien mit ihrem Sicherheitstheater – gewohnte, mystische Riten zu pflegen, um sich das letzte Bisschen Ehrfurcht vom Pöbel zu bewahren?

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