Neues vom Schlafbaum
  • Dünn und Dünner

    Bei Apple wird mal wieder alles dünner. Beispielsweise mein diesjähriger Aktiengewinn und im Gegensatz zum restlichen Leben habe ich hier noch keine Strategie bei Erreichen des Nullpunkts.

    Nachdem nun iPhones schon so lange dünner und leichter wurden, sodass ich beim neusten Angst hätte, es wegzuschmeißen, während ich mich der alten Taschentücher in meiner Hosentasche entledige und nachdem Notebooks gemeinsam mit ihrem Funktionsumfang mehrfach schrumpften, wird jetzt sogar der iMac dünner. Dafür fehlt auch hier jetzt das DVD-Laufwerk, die Möglichkeit Festplatte und SSD gemeinsam einzubauen und beim kleinen kann man nicht mal RAM tauschen und es sind langsame Notebookplatten eingebaut. Erinnert sich noch jemand an das erste Air mit Festplatte? Apple offenbar nicht, sonst würden sie den Fehler nicht wiederholen. Ich kann für meine Aktien nur hoffen, dass die Käufer Apple das nachmachen.

    Nun kann ich mir aus oben genannten Gründen also schon wieder keinen neuen iMac kaufen und wie das Gerät aus Sicht meiner Wand aussieht, ist sowas von egal: Da kann er superdünn sein, oder dick und aus schwarzem Plastik (wie früher), da kann ein Hello Kitty-Aufkleber drauf oder das Parteiprogamm der FDP eingraviert sein – für mich ist wichtig, die Wand dahinter nicht zu sehen.

    Alle Nachfolger meiner beiden Rechner wurden in allen Belangen schlechter. Das heißt, dass im mir nichts neues kaufen muss, aber auch dass ich mir nichts neues kaufen kann, falls mal was kaputt geht. Meine Winterjackenodyssee im Hinterkopf ein sehr beunruhigendes Gefühl.

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  • Das Paradies zwischen zwei Höllen

    Seit einigen Monaten muss ich für Abendbeschäftigungen vermehrt in dieses Neukölln und bereits die Ankündigung verschafft mir meist eine Gänsehaut.

    Diese Gänsehaut lasse ich mir nicht zum Vorwurf machen, denn nach Neukölln musste ich vor acht bis zwölf Jahren häufig aus familiären Gründen und es war immer deutlich unangenehm. Gerade die Zeiten, in denen ich mit dem Bus 104(!) zu meiner Ex in den Schillerkiez musste, in dem man von Leuten hinter einem mit „was guckst du so?“ begrüßt wurde, habe ich nicht in bester Erinnerung.

    Aber auch hier ändern sich die Zeiten: Dieses Wochenende durfte ich dort eine kleine Kneipentour machen und es war schön. Das Halbe kostet noch knapp unter drei Euro, in Kneipen läuft Thees Uhlmann (wobei ich von Bosses 3 Millionen begrüßt wurde, was ich persönlich nehme (so man Bosse Ende Dreißig persönlich nehmen darf)), die Amtssprache ist sich bereits zwischen Deutsch, Englisch und Spanisch nicht mehr ganz sicher, die Männer tragen vermehrt ungepflegten Vollbart und die Frauen unpraktisch kurze Röcke. Heißt: Der Vorabend der Gentrifizierung zeigt sein kurzes, angenehmes Antlitz – diese Leere, die der bisherige Pöbel hinterlassen hat, der aus entmieteten Häusern fliehen musste, bevor sie von zahlungskräftigen Wohnungskäufern aus der Kreativbranche oder dem Rollkofferpöbel wieder gefüllt wird. Diese Zeit gilt es zu genießen.

    Ich freue mich auf sechs bis zwölf Monate angenehmes Neukölln und werde weiterhin jedem erzählen, wie irrsinnig uncool und spießig Schöneberg ist, damit es das auch die nächsten dreißig Jahre unverändert so bleibt.

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  • In die Breite

    Flüssigkeiten

    Flüssigkeiten

    Noch schnell etwas darüber schreiben, bevor der Mist in ein paar Wochen niemanden mehr interessiert: Das große neue Ding im Moment ist Bubble-Tea, also Blasentee. Das ist irgendeine Teemischung mit komischen, süßen Blasen drin, die irgendwo aus Asien stammen, also vermutlich aus Seetang oder Hund gemacht sind.

    Die Stadt ist angeblich voll davon, besonders in den hippen Bezirken. Nicht weit von mir hat sich trotz großer Entfernung zu diesen Bezirken ein Laden trendbewusst diversifiziert und betreibt neben seinem Kerngeschäft, der Druckertinte, nun ein ebensolches mit Blasentee. Ich bin gespannt, wann er den ersten verkauft.

    Jetzt fehlt eigentlich nur noch Parfum und es wären die teuersten Flüssigkeiten der Welt in einem Laden vereint. Damit ist die Warenkombination auch garnicht mehr so seltsam, wie sie zunächst wirkte. Da gab und gibt es mit dem Laden für Computerhardware und Strumpfhosen in meiner Heimat oder mit „Autos & Weine“ bei mir um die Ecke bereits wesentlich seltsameres.

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  • Misswirtschaft

    Ja, es war schlecht in der Planwirtschaft damals: In der leeren Fleischerei stand ein Sparschwein, damit sie niemand für einen leeren Käseladen hielt, man wartete auf sein Auto Jahrzehnte und man röstete Getreide, um sich Kaffee vorzumachen. Es galt, immer früh aufzustehen, um etwas kaufen zu können, von dem man erst im Laden sah, was es ist, niemand bekam Vitamine und die Welt war schwarz-weiß, außer Sonntags.

    Das ist in der Marktwirtschaft gänzlich anders: Das Modell von Angebot und Nachfrage, moderne Produktionsmethoden und die konsequente Ausbeutung von Mensch und Umwelt sorgen dafür, dass wir jederzeit überall alles haben könnten, wenn wir das Geld dafür hätten. Schlangen gibt es nur vorm Applestore und vor Pfandautomaten und im Schaufenster der Fleischerei steht kein Sparschwein, weil das längst geschlachtet wurde, da die Fleischerei jetzt eine Fleischtheke im Supermarkt ist.

    Es scheint in diesem unbegrenzten Angebot aber Ausnahmen zu geben, jedenfalls dort, wo ich einkaufe: Bei den Joghurts fehlt fast immer Pfirsich/Maracuja, bei den Bistro-Baguettes immer „Provence“, beim Frischkäse häufig der mit Kräutern, beim Billigmüsli das Schokomüsli und bei den Gummisüßigkeiten das Weingummi – die Liste ist beinahe unendlich.

    Auf meine heutige Frage nach dem Grund bekam ich vom Personal gesagt, dass die eben immer zuerst leer sein, was weniger Antwort als mehr Unterstreichung der Notwendigkeit meiner Frage war, worauf hinzuweisen ich mir gespart habe. Fehlt das eine oder andere, ist das ja auch nicht so schlimm, denn ich kann ausweichen – es ist ja nicht so, als sei der Laden leer –, oder noch besser auch mal verzichten.

    Dennoch trübt dieser Mangel das Gefühl von Freiheit und Alleserreichenkönnen, mit dem wir täglich medial konfrontiert werden und das prangere ich an.

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