Neues vom Schlafbaum
  • Fertig gebaut

    Neubau

    Neubau

    In Berlin kann man tatsächlich bauen, wenn es sich um ein Wohnhaus mit Wohnungen handelt. Das sieht man eindrucksvoll am nicht total hässlich zugebauten Gleisdreieckpark und jetzt auch in meiner direkten Nachbarschaft, wo man vor 1,5 Jahren noch Bäume retten wollte.

    Ich habe damals auch mitgeschimpft, aber im Grunde ist es einfach nur ein nicht so schlimmes Haus geworden, was auch nicht wuchtiger wirkt, als die drumherum.

    Die Fassadenfarbe wird Protestkundtaten magisch anziehen, aber vielleicht besinnt man sich ja darauf, dass hier nicht Kreuzberg ist. Jetzt, da die Gerüste abgebaut sind und weniger Container drumherum stehen, sieht man auch, dass eigentlich vor dem Haus ziemlich viel Platz ist. Der wird sicher überwiegend mit Kaffeetrinkern vollgestellt sein, sobald Mieter und Geschäfte eingezogen sind, aber das belebt möglicherweise auch nur eine bisher eher dröge Ecke. Verzichtet man auf die vorher vorhandenen Blechstellplätze – denn ungewöhnlicherweise hat das Haus eine Tiefgarage, wie meiner Meinung nach jeder Neubau sie auch in Berlin gefälligst haben sollte – ist vielleicht sogar wieder Platz für zwei oder drei Linden zum Klettern für unbeschäftigte Protestbürger, die sich derzeit bereits um das offenbar erhaltenswerte Gestrüpp hinter dem Haus kümmern.

    Ich würde da wohl wohnen wollen, aber dafür hätte ich in meinem Leben etwas mehr tun müssen.

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  • Dagegen

    Dagegen!

    Dagegen!

    Es gibt eine neue Bürgerinitiative in meiner Nachbarschaft – wie immer einen bemitleidenswert kleinen Haufen von Dagegenseiern.

    Dieses Mal ist man gegen die geplante Bebauung zweier Eckgrundstücke über der U-Bahn am Kleistpark. Es handelt sich in beiden Fällen um teils zugewucherte Bombenlücken und von einer Bebauung wurde bisher wohl abgesehen, weil man Angst um die Statik des U-Bahnhofs hatte. Jetzt soll es doch passieren, weil Berlins Attraktivität es erfordert, dass jeder freie Platz zugebaut wird und das meine ich nicht ironisch.

    Damit ist der Tradition Genüge getan, dass auf jede bauliche Veränderung in der Stadt eine Gruppe stockkonservativer Träumer ihre egoistischen Partikularinteressen (Liebe zu Bäumen und Sonne, oder Angst vor Veränderung) pflegt und als Erhalt von Lebensqualität im Kiez verkauft. Diese Lebensqualität haben sie Samstag schon erfolgreich beeinflusst, indem sie mit ihrer Minidemo den Verkehr auf der Hauptstraße lange genug aufhielten, um ihn sich in sämtliche Nebenstraßen im Kiez ergießen zu lassen. Der Verkehrsstillstand passte gut zu den Gesichtern der Protestler.

    Mir erschließt sich nicht, was an den beiden Flächen erhaltenswert ist: Auf der einen Seite ist ein Autohandel, also ein ähnlich attraktives Gewerbe wie Wettbüros oder Systemgastronomen, auf der anderen Seite der Biergarten eines Griechen und ein S-Bahnwagen, in dem preisintensive Cocktails angeboten werden. Laut Protestler sind das interkulturelle Einrichtungen und soziale Treffpunkte, dabei sind es eher seit jeher privat und kommerziell genutzte Flächen und ein Schimpfen gegen böse kapitalistische Investoren verbietet sich damit. Einzig die Notdurftverrichtung der Alkoholiker im Gestrüpp verlief unentgeldlich, ist in meinen Augen aber nicht schützenswert.

    Dass sich durch die Demo weniger Duzend mittelalter Frauen (trotz einiger zerknitterter Langhaariger war die Gruppe testikelfrei), die den Rauch-Haus-Song missbrauchten, dass man Rio aus 500 Metern Entfernung rotieren hörte, die Entwicklung in der Stadt aufhalten ließe, glauben höchstens sie selbst: Bei Mietforderungen wird schon jetzt überall das großzügige gesetzliche Maximum ausgenutzt und Häuser mit günstigen Mieten (wie meines) dürfen heute garnicht mehr gebaut werden. Teurer wird Wohnraum in Berlin nur noch durch steigende Nachfrage bei stagnierendem Angebot.

    Zugegeben brauche ich das geplante Hotel/Studentenwohnheim an der Ecke nicht und die Finanzierungspläne beziehungsweise die beteiligten Leute und Firmen wirken tatsächlich etwas seltsam, aber dagegen einfach nur „nein“ zu schreien ist billig. Sinnvoller und irgendwie auch demokratischer wäre es, dem Bezirk unter die Arme zu greifen, damit er nicht übers Ohr gehauen wird und damit das passiert, was wirklich notwendig ist:

    Jede Lücke mit Wohnungen zum wirklich Bewohnen (nicht zur Spekulation) für all die neuen Berliner zu bauen, die sich diese leisten können. Die Wohnungen der heute gesehenen Protestierer werden leider erst in frühestens zwanzig Jahren frei (und meine noch viel, viel später).

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  • Man kann alles Gentrifizieren

    Mehr Leben

    Mehr Leben

    Endlich ist es soweit: Auch in Sichtweite meiner Wohnung wird eine Bombenlücke mit exklusiven Eigentumswohnungen gefüllt. Grundsätzlich sieht das Haus für meinen Geschmack garnicht so schlecht aus, aber die Internetseite weiß professionell Unmut hervorzurufen: „Ein Ort der Ruhe“ ist eine gewagte Beschreibung für ein Haus 40m von der S1 entfernt. Dass man seine gehobene Badausstattung aus einem separaten Katalog auswählt ist reichlich abgehoben und dass mit dem tollen Kiez geworben wird, den man selbst gerade zu verändern beginnt, ist mindestens unsensibel. Neben der S-Bahn werden auf der Internetseite übrigens auch die Quadratmeterpreise deutlich über 3000 Euro verschwiegen.

    Fragen

    Fragen

    Auch wenn das Niveau des Crellekiezes sicherlich sinken wird, je mehr die Straße zum Parkplatz für die Besucher der Shishabar am südlichen Ende verkommt, sind die jetzigen Bewohner in meinen Augen von Art und Anspruch noch relativ nah an ihren neuen Nachbarn dran und sehen auf jeden Fall auf mein Haus und was nördlich dahinter kommt mit leichter Abscheu herab. Trotzdem gibt es auch hier Menschen, die ihren Kampf gegen den Neubau mit allen Klischees von Farbbeutel bis Hitlerbärtchen aufgenommen haben und sich lediglich dadurch von ihren ebenfalls unpolitischen Freunden in Kreuzberg unterscheiden, dass sie auch Infoblättchen bereithalten.

    Ich muss ja gestehen, dass ich einen Moment darüber nachgedacht habe, mein Geld auch mal zu Beton werden zu lassen, aber angesichts der Preise und der Tatsache, dass man mich eventuell verständlicherweise als Bewohner dort hassen würde, ziehe ich es weiterhin vor, es auf dem Konto auf seine Entwertung warten zu lassen – macht auch weniger Arbeit.

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  • Ein Drittel für den Fan

    Auf meiner abendlichen Radrunde durch den Tiergarten wurde mir heute bewusst, dass es tatsächlich morgen am 17. Juni eine Fanmeile gibt. Berlin feiert ein Spiel zwischen zwei Mannschaften aus der ersten Bundesliga. Dazu wird das ganze von einer zuckerfreien Brause gesponsort, die in der Stadt sowohl für Hertha als auch Union Plakate aufgehängt hat.

    Deutlicher kann die Beliebigkeit des Ereignisses, das bis zu 200000 Menschen morgen zum hemmungslosen Saufen nutzen werden, nicht sein. Starke Worte von jemandem, der selbst ohne Ereignis auskommt, aber dennoch kann ich mich über die Aktion nur Wundern.

    Ich würde am liebsten hinfahren, nur um zu schauen, wer dort „feiert“. Vielleicht werden sich sogar nur derartige Beobachter einfinden und es wird ein heiterer, philosophischer Abend. Auch würde ich gern wissen, was die ganzen Bierbudenaufstellen und Großleinwandverleiher bei einer anderen Endspielpaarung gemacht hätten. Und zuletzt frage ich mich, warum das ganze in Deutschland „Meile“ heißt und dann auch noch lediglich eine Drittelmeile lang ist.

    Ich kann mich sogar darüber aufregen, dass dafür drei Tage lang eine wichtige Verkehrsachse gesperrt ist. Nicht, dass ich Autoverkehr gerne fließen sehe, außer vielleicht in die Spree, aber das geht doch wirklich etwas zu weit.

    Geschrieben bei einem Jever Fun.

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