Musikempfehlung: Turbostaat
Längere Vorfreude und zwei schon vorab verfügbare Lieder sind nicht immer ein guter Einstieg in eine dann irgendwann erscheinende Platte. „Irgendwann“ war bei Turbostaat dann an diesem Freitag und seitdem läuft sie recht flüssig bei mir durch die Anlage.
Der erste Eindruck war schwierig: Ungewöhnlich häufig wird mit krummen Brakes und Tempowechsel gespielt. Letztere sind im Punk ja recht üblich und funktionieren, wenn es auch um sie herum großzügig rumpelt und scheppert, sind aber schwierig bei einem gut und sauber produzierten Stück. Auch war ich zwei bis dreimal recht enttäuscht darüber, dass ich sofort ein klares Bild über die Bedeutung des Textes hatte.
Hier und da fehlen die charakteristischen Melodien und insgesamt ist das Tempo eher getragen bis hin zu ungewohnt ruhig („Fresendelf“, „Sohnemann Zwei“) und die Laune der Musik im Gegensatz zum Text gar frühlingshaft gut (was bei „Snervt“ (Titel geklaut von Urschall/Eiligenstühler), „Dunkelhaft“ und „Willenshalt“ gut funktioniert, bei „Alles bleibt Konfus“ aber in einem klebrigen Bosse-Refrain endet). Mit „Psychoreal“ gibt es allerdings auch einen Totalausfall.
Die Platte macht Spaß, vieles hat sich schon in den Kopf gebrannt und es gibt sicher im Laufe der Zeit noch verschiedenes zu entdecken. Jetzt müssen sie nur noch irgendwo in der Nähe live auftreten und nicht nur bei diesem ollen Berlin-Festival.
Aktualisiert am 02.05.13:
Mittlerweile finde ich die Platte unfassbar großartig und sie läuft quasi in Endlosschleife (außer „Psychoreal“, obwohl Kritiker es zu lieben scheinen, aber ich war auch mit „Fünfwürstchengriff“ nicht einverstanden). Die Eingängigkeit war Eingang in tiefe, harmonische Wut und Desillusion. Das hat nicht mehr die Kraft eines „Harm Rochel“ oder „Insel“, aber wir werden ja alle nicht jünger.
„Jahrzehnte vergehen und Träume auch.“ – „Der Krieg ist nie vorbei, solange er sich lohnt.“: 2013 ist für deutschsprachige Musik bereits vollkommen und falls ich auf der Fusion dieses Jahr „Fresendelf“ hören könnte, wären das mein glücklichster Moment seit „Gloomy Planets“ 2008, zumindest mein glücklichster musikalischer. Obwohl, letztlich…
Wie dem auch sei: Am 1. Mai ist Weltrevolution, weitersagen!
2010 ist lange her…