Neues vom Schlafbaum
  • Mein Wasser kommt aus der Steckdose

    Gestern ist in Berlin ein Volksentscheid geglückt, der FÜR etwas war, nämlich für die Offenlegung der Geheimverträge bei der Teilprivatisierung der Wasserbetriebe. Geglückt ist er, weil relativ knapp mehr Leute als notwendig zur Abstimmung gegangen sind, was wie immer enttäuschend ist. Dafür ist das Abstimmungsergebnis (98,1% Ja-Stimmen) auf DDR-Niveau mit dem Unterschied, dass es hier für 98,1% der Bevölkerung eine gute Sache sein könnte. Es sind übrigens nur knapp 6000 Menschen weniger zur Abstimmung gegangen als vor fünf Jahren SPD oder Linke gewählt haben.

    Den kompletten Text der Forderung, für die auch ich gestern gestimmt habe, hat sich sicherlich kaum jemand durchgelesen. Die Stücke, die ich gelesen habe klangen etwas verschroben inklusive rückwirkenden Änderungen, die man niemals durchsetzen können wird, weil dagegen jahrzehntelang geklagt wird und am Ende doch keiner Schuld an irgendwas ist (wie beim heutigen Freispruch für Landowsky und Konsorten).

    Was diese Entscheidung also in Zukunft bezogen auf das Berliner Wasser bedeutet, kann ich nicht sagen, wobei unabhängig von der Abstimmung natürlich feststeht, dass nichts niemals auch nur einen Cent günstiger wird ohne schlechter zu werden.

    Ob diese Entscheidung langfristig für andere Dinge etwas bringt, weiß ich auch nicht. Ich fürchte aber eher nicht, wenn man sieht, wer abgestimmt hat: alte Leute und solche mit HäusernExterner Link, also welche, die es gewohnt sind, das sonntägliche Demokratiespiel mitzuspielen und diejenigen, die wissen, wieviel sie für ihr Wasser bezahlen. Somit ist zu befürchten, dass der Erfolg ausschließlich darauf zurückzuführen ist, dass es genug Leute direkt etwas anging und sie das Gefühl hatten, etwas ändern zu können. Zumindest letzteres ist ja bei politischen Entscheidungen seit 30 Jahren nicht mehr der Fall. Und die Leute, die denken, dass der Strom halt aus der Steckdose, das Wasser aus dem Hahn und das Geld vom Amt kommt, werden wir nicht mehr motivieren können.

    Unrühmlich war bei dieser Abstimmung die Rolle des Senats, der im Vorfeld die Abstimmung durch Veröffentlichung eines Teils der Verträge ins Lächerliche zu ziehen versucht hat, die Rolle der Presse, die – wenn sie überhaupt berichtet hat, dieser Linie gefolgt istExterner Link und den ganzen gestrigen Tag über versucht hatExterner Link, den Leuten weißzumachen, Hingehen lohne nicht, weil es eh nicht reichen wird (was mal schön in die Hose gingExterner Link) und nochmals die Rolle des Senats, der das Ergebnis der Abstimmung als Erfolg zu feiern veruscht (ich finde keinen passenden Link – es ist in diversen Artikeln zu gut versteckt und eine Pressemitteilung vom Chef gab es in letzter Zeit nur zur Berlinale, aber die ist auch wichtiger).

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  • Evrodenar

    Katedrala

    Katedrala

    Plötzlich kommen hin und wieder ganz unverhofft Momente daher, in denen man etwas lernt.

    Einen solchen traf ich vor ein paar Wochen, als ich eine nie gesehene 10 Eurocentmünze in die Hand bekam. Das Motiv sah in etwas so aus, wie der olle Hut im ollen MuseumExterner Link, stellte sich dann aber als Kirche irgendwo in Slovenien heraus. Daraus schloss ich messerscharf, dass unsere Slovenischen Freunde nun seit einem Zeitpunkt in der EU sind und den Euro haben und dachte mir „wie schön – für sie“.

    Heute hatte ich plötzlich im Supermarkt bei meiner rentnerartigen Suche nach Kleingeld zwei solche Münzen in der Hand. Die habe ich dann aus Spaß behalten und damit zuhause gleich noch mehr gelernt: zum einen, nach einem schnellen Blick auf den Atlas, wo Slovenien liegt, zum zweiten nach einem schnellen Blick in Wikipedia, dass Slovenien schon seit 2004 in der EU ist und seit 2007 den Euro hat.

    Eine Vermutung bleibt, dass dort überwiegend mit 10 Eurocentmünzen (bzw. 23,964 Tolarmünzen) bezahlt wird, ober aber gerade nicht. Offensichtlich ist, dass ich nicht sehr oft mit 10 Eurocentmünzen zahle.

    Morgen werden davon Schrippen kaufen. Soll die Bäckereiverkäuferin auf 400 Euro-Basis (95856 Tolar-Basis) doch auch was lernen.

    Etwas ähnliche Artikel: Auf die Globalisierung!, Bankarbeitstage, Geldgeschichte

  • Gegen Artikeltitel [aktualisiert]

    Ich werde alt.

    Zwar werde ich bis zu (meinem oder seinem) Ende gegen das System sein, aber ich bin kein Freund von Krawall. Ich werde gern für eine bessere Welt sterben, aber ich werde nicht dafür kämpfen. Das ist einer der Gründe, warum ich niemals mehr auf eine Demo gehen würde, die gegen irgendetwas ist oder irgendwas allgemein soziales fordert. Solche Ansammlungen ziehen immer zuviel komische Leute an, die plötzlich auch gegen ganz was anderes sind als die es die Demo ist oder sich betrinken und dann ausfällig werden.

    Ich will auf Demos gehen, die für irgendetwas sind. Und ich meine nicht für Verbote, denn das ist das gleiche wie gegen das zu sein, was man verbieten will. Ich will mich betrinken, ohne ausfällig zu werden. Solche Demos gibt es ganz selten. Auch Volksentscheide sind in der Regel gegen etwas (außer in Dänemark, da ist man für einen Tunnel unter dem Fehmarnbelt. Dagegen sind die Deutschen). In Friedrichshain war man just heute tatsächlich mal für etwas: für den Erhalt des Wohnprojektes Liebig14. Linke sind so schrecklich konservativ… Oder war man doch nur gegen die Räumung? Krawall gab es auf jeden Fall. Das Haus soll auch schon weitgehend unbewohnbar gemacht worden sein, denn was (selbst)gerechte Menschen nicht haben dürfen, sollen auch die anderen nicht haben.

    Ich finde das alles scheiße. Ich finde es scheiße, wie die Polizei reagiert, aber ich schreibe bewusst, REagiert, denn jeder linke Depp weiß, wie man Bullen provoziert und dieses Wissen auszunutzen finde ich noch scheißerer. Ich finde es auch scheiße, anderer Leute Eigentum zu zerstören, die Umgebung des Hauses in den eigenen Kampf gegen weiß ich was mit hineinzuziehen, Krawalltouristen anzulocken und das Opfer zu spielen. Ich finde es scheiße, dass ich bei ArtikelExterner Linkkommentaren mit Leuten einer Meinung bin, die zu fast allen anderen Themen in meinen Augen gefährlichen Mist schreiben. Und ich finde es besonders scheiße, dass sich durch ihre Solidarität mit solcher Szene Parteien unwählbar machen, die ich eigentlich gerne wählen würde (zu diesem Punkt danke an die Bewohner, dass ihr Ströbele nicht reingelassen habt).

    Ich muss das System nicht mögen. Ich muss keine Mieterhöhungen, Luxussarnierungen, Gentrifizierung, Spekulanten, Banken, Zinsen, Lobbyismus und sonstwas mögen, aber es ist nunmal so, dass man nicht gegen etwas sein kann, in dem man lebt, denn so wird man niemals ausschließen können, von etwas zu profitieren, das man im nächsten Moment bekämpft. Damit ist man mittendrin und damit ist man vor allem unglaubwürdig.

    Das System kann sich nur noch selbst zerstören und bin guter Hoffnung, dass es dafür nicht mehr lange braucht. Über so ein paar Krawallos lacht das System.

    Ach, und nochwas: ohne Verträge Miete auf Niveau von ’92 zahlen und Barilla-Nudeln im IKEA-RegalExterner Link stehen haben ist kein Stück alternativ.

     

    Aktualisiert am 04.02.2011: Diese Nachmacher vom TagesspiegelExterner Link. Ich fürchte nur, es ist nicht aufgrund meiner Genialität kopiert, sondern weil ich so schlicht denke und reagiere wie die meisten anderen Menschen.

    Etwas ähnliche Artikel: Neues aus der Lokalpolitik, Zeit für Protest, Rotlicht

  • Auseinandergelebt

    Es beginntExterner Link mit Leidenschaft und man lässt alles andere liegen, nur um Zeit miteinander verbringen zu können. Lang bereitet diese Zeit große Freude, man will nicht ohne und es ist einem egal, was die anderen darüber denken. Irgendwann wird alles Routine und der Spaß lässt nach. Man hat alles gesehen, vielleicht mit Ausnahme einiger unheimlicher, dunkler HöhlenExterner Link und dann erliegt man dem Bedürfnis, alles fallenzulassen und seine Zeit zukünftig anders zu verbringen. Selbst Geschenke können einen nicht erweichen.

    Dann rafft man sich nochmal auf – man feiert zusammen ein besondere Ereignis, es gibt NeuesExterner Link zu entdecken, plötzlich ist alles wieder spannend aber es ist doch nicht mehr wie früher und sehr viel schneller als beim ersten Mal kommt man wieder zu dem Ergebnis, dass es miteinander nicht mehr funktioniert. Noch ein weiteres MalExterner Link lässt man sich erweichen. Man sieht, dass sich das Gegenüber wirklich Mühe gibt und es rührt einen eine Weile, aber es genügt nicht, auch wenn alles viel einfacher scheint als früher. Man hat sich zu weit auseinandergelebt, man ist zu erwachsen geworden.

    Dann kommt der Punkt, an dem man gute AusredenExterner Link findet, warum man nicht mehr zusammen feiertExterner Link und man sich endgültig überlegt, den anderen liegen zu lassen, auch wenn es etwas wehtut.

    Und darum spiele ich trotz neuem Addon nicht mehr WoW.

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