Neues vom Schlafbaum
  • Abschiedsspiel

    An der Weser

    An der Weser

    Es gibt immer wieder erste Male, so wie letzten Freitag, an dem ich erstmals das letzte Spiel eines Trainers vor seiner Entlassung miterleben durfte. Es war Sport, den ich heute Abend gegen Bayern so bitte nicht sehen möchte: nicht grottenschlecht, aber irgendwie schon sehr, sehr hilflos. Das Stadion ist ebenfalls eigenartig. Dass keine besondere Stimmung war, konnte man nachvollziehen. Dafür gab es genug Zeit für Blicke auf den Bau: Ein als Raumschiff verkleidetes Parkhaus, das aussieht, als hätte es jemand aus Lego gebaut und musste sich am Schluss beliebige Steine von seinen Nachbarn leihen, um fertig zu werden.

    Bremen als Stadt allerdings ist sehr schön, die Gastgeber sind freundlich und großzügig und feiern kann man dort offenbar selbst als Tabellenletzter ganz ausgezeichnet.

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  • FIFA n

    Vor drei Jahren hat EA versucht, die Nutzer von echten Betriebssystemen mit ins Boot der Freunde alljährlicher FIFA-Simulationsfußballspiele zu bekommen. Damit konnte ich unter Mac OS mein erstes FIFA seit etwa ’98 spielen und es war ganz gut.

    Heute musste ich dafür Windows starten um mein aus dubioser Quelle für 35 Euro erworbenes FIFA 15 zu spielen und es war ok. Aus der Sicht eines drei Jahre Ausgesetzthabenden hat sich an dem Spiel viel getan:

    Die Darstellung der Spiele ist fernsehreif, die Steuerung gutmütig, die Ballphysik realistisch, der Spielfluss erstaunlich und alles, was auf dem Bildschirm drumherum passiert, ist des Fußballerlebnis‘ würdig. Eigentlich ist das ganze Programm mittlerweile so realitätsnah, dass es immer einfacher wird zu dem zu kommen, was ich am besten kann:

    Die deutschen Kommentatoren sind nicht lustig und ich hoffe für sie, dass ihr Burnout zeitnah professionell behandelt wird. Die Zuschauer in den Stadien werden glaubhaft dargestellt, allerdings ist das Spiel der ISIS hier leicht voraus, sind doch 99 Prozent der Zuschauer männlich. Dass das Stadion im Nordpark im Spiel „Waldstadion“ heißt, habe ich zunächst auf einen echt nicht lieben Gott geschoben, bevor ich sah, dass fast alle deutschen Stadien im Spiel so heißen. Es ist für einen einfachen Spieler unmöglich, einen Gegner im Strafraum zu verteidigen, dafür umso einfacher, aufs Tor zu rennen und zu punkten. Es gibt alle möglichen Modi um ein einfachen Spiel herum, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie jemanden so interessieren, dass er dafür das zusätzlich verlangte Geld bezahlt.

    Es bleibt ein Computerspiel, aber je mehr es versucht, die Realität abzubilden, umso mehr kommt die Frage auf, warum es das nicht kann und niemals können wird.

    Aber so wie ich mich mit mir darauf geeinigt habe, Instantkaffee für Kaffee zu halten und Tiefkühlpizza für Pizza, so halte ich FIFA 15 nicht für ein Fußballspiel und auf diese Weise macht es verdammt viel Spaß.

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  • Meltweister

    Feierei

    Feierei

    Der Regen überwog vor dem Spiel der Nervosität, aber auch ohne diesen ging ich relativ ruhig an diesen Abend. Auch die kurzfristige Aufstellung des (Leverkusen gehörenden) Gladbachers Kramer nahm ich mal so hin – sie war ja auch nicht von Dauer. Das Spiel und sein Anschauen waren dann sehr schön: Zum ersten Mal bei dieser WM war ich weniger in einer Eventrunde, als bei wirklich fußballinteressierten und -erfahrenen Menschen und habe gemerkt, dass mir das vorher gefehlt hat. Dann halt Nerven, Durchhalten, Alkohol und es ist großartig und richtig, dass Deutschland Weltmeister geworden ist. Da kann man sich schonmal richtig drüber freuen und neben mir wird die Freude verknüft mit Geburtstagsfeierlichkeiten vermutlich niemals vergessen werden.

    Der Rückweg war an der Leipziger lang eine sehr lange Feier mit High-five im Vorbeifahren, mit Flaggen, Hupen und eigentlich überall fröhlichen Menschen. Die Jungs mit ihren geleasten PS-Schleudern kamen auf der Straße zu ihrem Gram nicht so voran, aber man kann sich ja immernoch auf die Motorhaube setzen. Ich habe das alles eine Weile genossen, aber als Regen und echt große Böller einsetzten, bin ich dann lieber nach hause und freue mich da noch ein wenig allein.

    Weltmeister kann man schonmal sein und wenn es weniger aufwändige Gründe gäbe, die überwiegende Mehrheit der Leute in Berlin zum Grinsen zu bringen, würde ich mich für diese einsetzen.

    Mal sehen, wie es morgen ist…

     

    Ein großes Lob übrigens an Mats Hummels für ein inhaltlich und grammatikalisch perfektes Interview (und ein großartiges Turnier). Was der wohl macht, wenn Poldi und Schweini Playstation spielen? Zumindest verschickt er keine Grüße in den Knast…

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  • Fussball!

    Nachdem ich wie immer auf verschiedene Weise jedes Spiel der WM gesehen, genossen oder erlitten habe, gestern das Halbfinale mit Deutschland drin noch in fröhlicher Runde mit Leuten, die „Fussball!“ rufen, schauen durfte und nachdem wir das Irreale an dem Spiel beiseite gelegt hatten, war uns nach Abpfiff klar, dass wir das zweite Halbfinale besser nicht schauen sollten, da es ohne ein frühes Tor, sehr, sehr, sehr zäh werden würde. Das wurde es dann auch und ich habe deshalb Schwierigkeiten, genug Pessimismus aufzubringen, um mir irgendeine Angst der deutschen Mannschaft vor dem Finalgegner vorstellen zu können. Ich zumindest kann keine dazu beisteuern.

    Davon ab beweise ich gerne schriftlich, dass ich ein großer Freund der Niederlande und ihres königlichen Fußballvereins bin, also ist es vielleicht besser, nicht gegen sie Weltmeister zu werden. Überwiegend ist aber, dass der verregnete Sommer, der Verlauf der Spiele, mein zu früher Urlaub und das irgendwie mittlerweile routinierte „public viewing“ mich davon abhielt, genau jetzt bereit dafür zu sein, ein Finale zu schauen, in dem Deutschland gegen Argentinien Weltmeister werden könnte (und verdammt nochmal sollte).

    Ich werde mich freuen, ich werde schreien, aber wenn „wir“ Weltmeister sind, ist mir das zwei Tage später egal. Ich kann mich dagegen sehr gut an das Finale ’90 erinnern, das den Grundstein für meine heutige Fußballbegeisterung gelegt hat, die zehn Jahre zuvor nach zwei Trainings in der Echternstraße getötet wurde. Solche Geschichten schreibt nur der Fußball (solange es um Fußball geht), aber am Sonntag wird er es nicht tun, weil einfach kein persönlicher Gewinn zu erwarten ist.

    Ich werde vermutlich zehn Minuten brauchen, um die Frage zu klären, ob die brasilianischen Fans jetzt gegen ihren Besieger oder gegen ihren Nachbarn sein werden und am Ende wird jemand Weltmeister und dann muss man mal schauen, wie man gegen Stuttgart, Freiburg und Schalke in die Saison startet – und was Paderborn so reißt.

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