Neues vom Schlafbaum
  • Ausgefusiont

    Dieses Wochenende findet die Fusion komplett ohne uns statt, da wir alle keine Karten bekommen, oder uns nicht richtig darum gekümmert haben. Das ist schade, aber irgendwie auch nicht so schlimm, da in Berlin genug los ist (ich komme gerade vom extrem angenehm spießigen Bergmannstraßenfest) und nebenbei auch Fußball gezeigt wird, der ja bei den Linksfaschisten auf der Fusion eh verpönt ist.

    Dieses böse Wort im letzten Satz habe ich nicht aus Neid eines nicht Dabeiseienden geschrieben, sondern aufgrund von Beiträgen im Forum, die unter anderem extrem verschärfte Kontrollen, hohe Zäune mit Stacheldraht und Türsteher aus Rostock, die Menschen nicht reinlassen, weil sie bei der Polizei arbeiten, anprangern.

    Wir haben Gründe für das Verhalten der Organisatoren letztes Jahr bemerkt und auch um diesen Zustand nicht weiter zu verschlimmern (bei meinem Dutzend Lesern, aber egal) habe ich dazu damals keinen Artikel geschrieben: Alle wollen da mittlerweile hin und es war sehr voll, hatte gar Momente von gefährlicher Überfüllung. Es war also schon deutlich zu sehen, dass eine weitere gute Idee an ihrem schieren Erfolg und der Egozentrik und exaltierten Nonkonformität so manchen nicht zahlenden Besuchers zu scheitern droht. Das mag Ulbricht vor über fünfzig Jahren ähnlich gedacht haben.

    Ich fürchte, dass sich die Fusion in der bekannten Form tatsächlich jetzt überlebt hat, finde es schade, bin aber dagegen, am gewünschten Zustand auf Kosten von unfairen Mitteln festzuhalten.

    Mit der Meinung bin ich ganz sicher nicht allein, denn die ein, zwei wirklich kleinen Festivals, auf die ich dieses Jahr gerne noch gehen möchte, versuchen nach Kräften dafür zu sorgen, dass eben nicht immer mehr Leute kommen, die alles nur schwierig machen – meist nicht aufgrund ihrer Art, sondern allein durch ihre Anwesenheit. Ich hoffe, dass das gelingt.

    Eine Fusion werde ich vermutlich nie mehr sehen und behalte daher die vergangenen in möglichst guter Erinnerung.

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  • Musikempfehlung: Wintergatan

    WintergatanDer diesjährige Gewinner des schon zu lang zurückliegenden Festivalwochenendes steht fest, nachdem ich in den letzten Tagen verschiedene Platten und Plättchen, die ich mir aufgrund positiver Konzerterlebnisse gekauft habe, immer und immer wieder gehört habe. Natürlich gibt es da aber eigentlich keine Gewinner.

    Vor Jahren gab es schonmal eine nette Kapelle namens Detektivbyrån, die mit Akkordeon, Glockenspiel und Computerzeugs erfreuten. Mindestens einer von damals hat das ganze weitergesponnen und irgendwann dieses Jahr mit der neuen Band Wintergatan eine erste Platte gleichen Namens rausgebrachtExterner Link. Zu den genannten Instrumenten kommen Harfe, Schlagzeug, Melodika, Theremin, Gitarre, diverse Keyboards, selbstgebautes, das live nicht funktioniert und eine große Version von diesem Kinderinstrumentendingie, wo man eine Rolle mit Zacken dreht und damit so Plättchen Töne machen (manches ist im Internet unfindbar). Das ganze ergibt einen wilden und harmonischen Mix, der letztlich doch überwiegend elektronisch klingt und der live ordentlich mitreißt. Auf Platte wirkt es etwas träumerischer, auch wenn das überragende und mit 14 Minuten ausreichend lange letzte Stück mit Hardrockgitarre endet. Eine schöne Zusammenfassung des Instrumentendurcheinanders, zeigt dieses Video. Da wird auch am Schluss dieses Dingie gebaut – Schaut euch das unbedingt an!

    Sommerliche Instrumentalmusik für verschiedene Situationen von sympathischen Leuten: empfehlenswert und eine nette Möglichkeit, mich an eines der besten Wochenenden des Jahres zurückzuerinnern.

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  • Urlaub von allem

    Guter Morgen

    Guter Morgen

    Ich gehörte ja zu den Gewinnern einer Festivalkarte und konnte mich so ein halbes Jahr lang auf das Ereignis des Jahres freuen, das meinem Gemüt Kraft für den Rest gibt. Aus verschiedenen Gründen war ich Teil einer Zweiergruppe, was Nachteile hat, wenn man nicht gewohnt ist, Teil einer Zweiergruppe zu sein: Man geht sich irgendwann auf den Keks. Dem aber kann man entgegenwirken und zu zweit oder allein entdecken, was dieses Jahr zusammengebastelt wurde und es wurde wieder viel zusammengebastelt. Gefühlt gibt es mittlerweile um die Bands und DJs herum genausoviel anderes und davon handeln auch die meisten der wenigen Fotos, die ich mir im neuen Album zu zeigen erlaubt habe. Sind auch fast keine Menschen drauf.

    Ich habe eine Reihe neuer Bands entdeckt, um die und deren Musik ich mich in den nächsten Tagen mal bemühen muss. Es gab interessantes zu Essen und nach drei Tagen vegetarisch kann ich dem Refrainende von „Ich ess‘ Blumen“ zustimmen. Es gab eine Reihe von Regenschauern, die uns in den seltensten Fällen nass gemacht haben und irgendwie ja auch dazugehören.

    Man ist aber im gesetzteren Alter auf alles vorbereitet: Eher nehme ich grundlos Sonnencreme, Mückenspray und Kondome mit, als dass ich irgendetwas vergesse. Die stressfreie An- und Abreise (sowie die Toilettensituation) und die entspannte Stimmung können tatsächlich sogar dazu führen, dass man in dem Alter noch zu Drum and Bass tanzt.

    Zurück im vergleichsweise hässlichen Berlin frage ich mich einmal mehr, ob die Leute so aufmerksam, hilfsbereit und freundlich sind, weil das Festival ihnen so viele Freiräume lässt, oder ob es genau umgekehrt ist, weil einfach genau die richtigen Leute auf das Festival gehen. Es steckt auf jeden Fall an, denn es ist dort kein Problem, drei Tage lang mit einem Lächeln im Gesicht durch die Gegend zu laufen (außer wenn Hiphop lief. Oder Reggae, Ska, Goa…) und zumindest bei einem der sicher 70000 ging das nachgewiesener Weise ohne den Gebrauch illegaler Substanzen. Auch ist es erfreulich zu sehen, dass bei allem Ärger um die Ticketvergabe und strengere Regeln das Festival sanft und schmerzfrei wachsen kann.

    Neu und verzichtbar war in diesem Jahr war übertrieben viel Feuerwerk und Pyro und auffällig viel Antifapräsenz. Ersteres ist Kinderkacke, letzteres ist richtig und wichtig, aber funktioniert nicht, wenn es verkrampft, uneinig und an einem Ort passiert, wo hoffentlich kein einziges Wesen ist, gegen das man agiert.

    Ob ich nächstes Jahr wieder fahre? Das frage ich mich jedes Jahr, aber mein Glück werde ich auf jeden Fall versuchen.

    Bemerkenswerte Fakten:
    – Es ist keine gute Idee, sich mit einer Gabel in der Arschtasche auf eine Luftmatratze zu setzen
    – Auch Punks tragen Jacken von Jack Wolfskin
    – Ein Leben ohne Internet, Fernsehen und vor allem Werbung ist möglich und extrem erstrebenswert
    – Ein eigenes Zelt gibt mir die Freiheit, die ich mag
    – Ein Smartphoneakku hält mehrere Tage, wenn man das Telefon die meiste Zeit aufgeschaltet lässt

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  • Wäre auch zu einfach [aktualisiert]

    Ganz selten bekomme ich eine Mail, die sich mit „Juchu!“ eröffnet und die Wahrheit sagt. Gestern ist das mal passiert, was meine derzeit ganz oke Stimmung erheblich steigerte, denn so wurde mir mitgeteilt, dass ich eine Karte für die Fusion bekomme, auf die ich mich seit der letzten Fusion freue. Zwar hat noch niemand meines lethargischen Freundeskreises eine ebensolche Bestätigung, aber zur Not fahre ich auch alleine
    …wenn ich kann, denn heute, als ich erstmals in meinem Leben auf Arbeit einen Urlaubswunsch in einer schier unvorstellbaren zeitlichen Ferne von mehr als 6 Monaten ankündigte, wurde mir offenbart, dass an genau den beiden Tagen, die ich gern einmal glücklich sein würde, mein Kollege zum 30. Geburtstag seiner Freundin durch Brandenburg schippern will. Jetzt will ich ihm das nicht nehmen, nur weil er erheblich sozialer lebt als ich, da er offenbar erlebt hat, was ich noch nicht erlebt habe. Auch dass er sich vom Zufall schikanieren lässt, dass der Mensch zehn Finger hat, werde ich ihm nicht verdenken. Wären wir Leguane, hätten die beiden ihre Kreuzfahrt vor sechs Jahren gehabt – oder hätten sie in zweien.

    Auf jeden Fall müssen wir das nun entweder ausramboenExterner Link, oder wir finden bis dahin noch eine Vertretung oder andere Lösung.

    Da hat sich Gott in seiner unendlichen Heimtücke ja wieder was tolles einfallen lassen und das nur, weil ich ihm Konkurrenz machen will.

    Aktualisiert am 21.12.12: In seiner ebenfalls unendlichen Güte (oder weil er so mit der Abwehr des Weltuntergangs beschäftigt und damit für weiter Heimtücke blockiert war) hat der andere Gott mir bisher zwei Mitfahrer und einen Chef, der sich was überlegt gestattet. Ich zitiere damit erneut die Mail: „Juchu!“

    An den Chef, falls er das liest: Das ist kein Manipulationsversuch!

    Notiz an mich: Berufliches und Privates noch deutlicher trennen.

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