Neues vom Schlafbaum
  • Bahnchaos zum Gernhaben

    Auf der Heimfahrt am Wochenende geriet ich in das übliche Durcheinander bei der Bahn, allerdings mit ungewöhnlichen Folgen. Während die Bimmelbahn nach Bielefeld gewohnt verlässlich fuhr, erwartete mich dort am Bahnsteig der Hinweis auf bereits 15 Minuten Verspätung, mit Umsteigezeit also gar 40 und einer vorausgesagten Ankunft in Gesundbrunnen um 20:10 Uhr. Dass mein Zug nur bis Gesundbrunnen fahren sollte, hatte ich einfach übersehen, die Verspätung ging aber auf Kosten eines Stellwerkschadens.

    Bei genauerem Hinsehen handelte es sich am Gleis aber garnicht um meinen Zug, sondern einen verspäteten vorausfahrenden. Beim Bierkauf in der Halle las ich dann von 50 Minuten Verspätung meines Zuges, also einer erwarteten Ankunft um 20:45 Uhr. Mit diesem Fakt versuchte ich mein Glück am Serviceschalter und zu meiner Überraschung wurde ohne Murren meine Zugbindung aufgehoben und ich konnte unmittelbar mit dem erstgenannten Zug fahren, einem ICE, in dem ich sogar einen Sitzplatz bekam und so war ich um 19:30 am Hauptbahnhof, also schneller und bequemer als geplant näher an zuhause.

    Meine Frage, was passiert wäre, hätte ich mein Ticket nicht ausgedruckt, sondern wie geplant nur auf dem Telefon parat gehabt, konnte am Schalter aufgrund der Eile nicht beantwortet werden. Vermutlich hätte ich jetzt einen Stempel hinten auf dem Telefon und damit Zugbindungsbefreiung auf Lebenszeit.

    Zwei kleine Probleme gab es: Das in den Waggon geklebte Handysymbol animierte einen Fahrgast dazu, per lautem Pfeifton jedem anderen mitzuteilen, dass er ganz viele Whatsapp-Nachrichten bekommt. Wäre er nicht in Hannover ausgestiegen, hätte er etwas später das Telefon quer im Hintern gehabt, denn ich hatte (zweites Problem) nichtmal Kopfhörer dabei, um mich selbst abzuschotten. Die liegen noch in der Heimat.

     

    Aktualisiert am 29.10.15: Mein Chef empfahl mir heute für einen solchen Fall geräuschvermeidende Kopfhörer. Das ist nett, aber die falscheste aller Möglichkeiten, weil sie rücksichtslosen Menschen Raum gibt, der ihnen nicht zusteht. Gegen Rücksichtslosigkeit hilft kein Verstecken, Abschotten und Tolerieren, sondern nur das Abstellen von Rücksichtslosigkeit durch Vernunft und Reflexion. Ich weiß, dass solche Forderungen total präachtundsechziger und damit für Berlin speziell und verschiedenste Bevölkerungsteile allgemein unerträglich sind, aber ich träume davon und verzichte auf deren Umsetzung lediglich, weil ich nicht täglich aufs Maul bekommen will.

    Wir haben alle schon viel zu lange darauf verzichtet, Menschen Grenzen zu zeigen. Aber wo in Europa soll man das auch tun?

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  • Kartentricks

    Ich falle ja selten auf Werbetricks herein, aber wenn doch habe ich keine Scham, das zuzugeben. So hat mir bei der Buchung meiner Urlaubsreise, die ich aus bekannten Gründen nicht angetreten habe, die Bahn mal wieder eine „Bahncard 25 zur Probe“ nahegelegt. Das ist aber auch gemein, denn die lohnt sich schon bei einem Reisepreis von 100 Euro und es ist verdammt selten geworden, dass man weniger bezahlen muss – egal wohin. Letztes Jahr im Sommer habe ich das schon einmal gemacht. Da hat es sich zwar auch nicht gelohnt, denn ich habe sie nur für diese eine Reise benötigt, aber es hat demnach auch nicht geschadet, denn die Reise habe ich wenigstens getan.

    Jetzt allerdings steht in den nächsten vier Monaten keine Reise an, weil ich weder Zeit noch Ziel dafür habe und weil ich das Ticket nach Husum stornieren konnte, aber die Bahncard nicht, sitze ich jetzt doof auf ihr rum und habe sie unnötig bezahlt. Gerade bei der Bahn tut sinnloses Geldausgeben doppelt weh, aber ich habe es ja.

    Halt – eventuell kann ich die Karte noch für die Fahrt zur Fusion benutzen. Ich muss dann nur ignorieren, dass ich sicherlich nicht 25 Euro dadurch sparen werde und das in den Zügen sowieso niemand kontrolliert. Aber immerhin.

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  • Mitarbeiterin des Monats

    Der Titel aus dem Artikeltitel geht im Mai an Frau K. Bauer, ihreszeichens gestern in Begleitung des ICE842 von Berlin nach Hannover unterwegs, die mich darauf aufmerksam machte, dass ich schon eine Weile mit Tickets durch die Gegend zu fahren scheine, auf denen eine Nummer einer nicht mehr existenten Kreditkarte aufgedruckt ist. Damit konnte sie mich und meinen Mitfahrer natürlich unmöglich weiterfahren lassen, auch wenn es offensichtlich mein Ticket war. Ich hatte im Gegensatz zu meinem Mitfahrer wenig Lust zu diskutieren und streng genommen ja auch gegen Beamtendeutschland wenig Argumente, habe also nachgekauft – was sind schon 170 Euro, wenn wir bald eh wieder in Naturalien zahlen.

    Gemerkt habe ich mir: Die Kreditkarte mit der man zahlt ist nicht automatisch die, die man vorzeigen muss. Ich nehme an, das verkauft uns die Bahn als Service.

    Ich war mit einem ebenfalls falschen Ticket Anfang des Monats problemlos im Urlaub und auch der Herr, der die gute Frau in Hannover abgelöst hat, hat meine Fahrkarte mit der gleichen Kreditkarte klaglos abgezangt, was mich darin bestärkt, mit dieser (der Fahrkarte, nicht der Frau) auch zurück zu fahren.

    Aber vermutlich bekommt Frau Bauer Prämie für den Ticketverkauf im Zug. Soll sie sich was schönes von kaufen. Für ein Herz wird es nicht reichen.

     

    Aktualisiert am 02.06.11:

    Auf der Rückfahrt wurden wir garnicht kontrolliert und es gab Süßigkeiten. Die Tickets schicke ich jetzt zum „Kundendialog“ und lege mein Schicksal und Geld in die Hände einer kulanten Bahnmitarbeiterperson.

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  • Leihradlos

    In Berlin gibt es seit mehr als fünf Jahren Fahrräder, die die Bundesbahn an viele Orte der Stadt gestellt hat, damit vernünftige Menschen diese per Funktelefon ausleihen und damit fahren und unvernünftige Menschen die Reifen zerstechen können.

    Da ich das schreibe fällt mir auf, dass sich der Vandalismus bei den Rädern erstaunlich in Grenzen hielt. Vielleicht war das Design der Räder mit der großen Federung und dem absurden Gepäckträger zu mitleiderregend, als dass man an dem Rad noch etwas hätte verschlimmern können.

    Aber zurück zum Thema: Dieses AngebotExterner Link war praktisch. Wenn mein eigenes Rad kaputt war, wenn ich zu Fuß unterwegs war und nicht mehr laufen wollte, wenn Besuch da war, den ich zum Fahren zwingen konnte, habe ich es gern genutzt. Das tolle an dem System war nämlich, dass man sich ein Rad schnappen konnte, dem man über den Weg lief und es nach getaner Arbeit da hinstellen konnte, wo es einem passte, bezahlte Pausen inklusive und das innerhalb des S-Bahnrings, also in einem echt großen Gebiet. Maximale Flexibilität, für die viel zu zahlen ich gern bereit war. Das Verleihsystem mit anrufen, Code merken, Schloss aufbekommen, parken, anrufen und Straßennamen nennen war nicht einfach, aber einfach genug um besoffen im Dunkeln gemeistert zu werden. Dazu gab es seit einiger Zeit ein schickes, einfaches Programm fürs iPhone.

    Jetzt wird alles einfacher. Für den Anbieter. Der schrieb mir nämlich die Tage, dass die Räder ab sofort nur noch an Verleihstationen geliehen und abgestellt werden können. Die E-Mail verzichtet komplett auf Begründung oder Werbung für das neue System, weil den Schreibern klar war, dass es keinen einzigen Vorteil für den Kunden gibt. Zwar fällt das Telefonieren weg, aber dafür auch die Freiheit. Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand geplant ein Rad irgendwo ausleiht und an einer nicht von ihm definierten Stelle wieder abstellt. Und schon garnicht, wenn das ganze nur in wenigen Bezirken funktioniertExterner Link.

    Hier wurde wieder einmal ein tolles System von irgendwelchen Forschern und Marketingleuten komplett am Kunden vorbeigebaut. In zwei Jahren ist das System eingestellt und der Kunde ist Schuld. Erinnert euch an meine Worte.

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