Neues vom Schlafbaum
  • 100% Protest

    Aufgrund des Vorabends habe ich es bei dieser Wahl nicht direkt um acht geschafft, sondern acht Stunden später, meine sinnlosen Kreuze auf die viel zu großen Wahlzettel zu schmieren. Die Europawahl war die erste Protestwahl in meinem Leben, aber nichtmal das war eine verlorene Stimme, weil es sogar für die PARTEI gereicht hat. Gewählt habe ich sie, weil Sonneborn mir meine Idee geklaut hat, beim Volksentscheid zum Tempelhofer Feld zweimal mit „Ja“ zu stimmen – für die einzige der vier Möglichkeiten, die in sich unlogisch war. Dafür darf er sich jetzt auch gern in Brüssel unsere Kohle abholen.

    Wie die Europawahl ausgegangen ist interessiert mich nicht, denn es ist vollkommen egal, wer sich in den nächsten Jahren in Brüssel von Lobbyisten in den Arsch ficken lässt. Das Bisschen, was ich mir auf dem Volksempfänger angehört habe, klang nun auch in Europa nach großer Koalition, also akzeptiertem Tod der Demokratie. Der Spaß wird hier in den nächsten Jahren sicher nicht weniger werden.

    Interessanter sind die Ergebnisse der Abstimmungen zum Tempelhofer Feld und auch die winzigkleine Abstimmung über die Kolonie Oeynhausen, mit der mich nicht nur der benennende Ort in Heimatnähe, sondern auch die direkte Nachbarschaft zur Arbeitsstelle verbindet, denn die sind in vielerlei Hinsicht ein Armutszeugnis. Arm sind die Befürworter des Stillstands, die ihrem Bauchgefühl gefolgt sind, die konservativen Spießer, die bei den Grünen Schutz finden – die, die im Grunde gegen alles sind. We fear ChangeExterner Link. Arm sind die Regierenden, die es nicht schaffen, selbst Konzepte für ein verträgliches und nachhaltiges Wohnen aufzustellen und sie dem Pöbel nachvollziehbar zu machen, sondern sich an Landesbibliotheken aufgeilen, während man im Kiez nichts mehr zu lesen bekommtExterner Link und die zu Recht in der Bevölkerung nicht mehr das Vertrauen besitzen, sie könnten irgendetwas bauen, das in vertretbarer Zeit und zu vernünftigen Kosten so ähnlich aussehen wird, wie es vorher besprochen wurde. Stattdessen darf man zu Recht auch in diesem Fall davon ausgehen, dass Wenige gewinnen werden, die beim Bau jeden Trick nutzen werden, um die explodierenden Kosten für Erschließung und Sanierung vom Land tragen zu lassen. Der Senat und damit die Berliner werden mit Sicherheit nicht gewinnen. Ich weiß nicht, ob bei den bisherigen Bauplänen beachtet wurde, dass das Gelände großzügig unterirdisch bebaut ist und ein aktiver Radarturm in der Gegend rumsteht.

    Wie oben beschrieben war ich mit meinen Kreuzen ja selbst Verhinderer, aber das eben, weil ich mir sicher war, mit einem „Nein“ das Verhindern nicht verhindern zu können und vielleicht auch nicht zu wollen – ach, ist das kompliziert.

    Natürlich würden Wohnungen auf dem Flughafenfeld nirgendwo Mieten senken, sondern sie in der Nachbarschaft erhöhen. Solange derart pervers viel Geld in der Welt rumliegt, werden in Berlin Wohnungen zu jedem Preis gebaut und gekauft – Ob dann jemand darin wohnt ist egal. Ob es aber sinnvoll ist, mit der Verhinderung dieser Perversion auch gleich jeden anderen Fortschritt abzuwürgen, kann auch nicht die Lösung sein. Ich hoffe, dass die deutlichen „Neins“ jetzt dazu führen, in Ruhe von vorne eine Lösung zu erarbeiten, die möglichst vielen Menschen hilft und ich bin mir sicher, dass diese Hoffnung wie die meisten anderen brutal enttäuscht werden wird.

    Nebenbei: Ich las die Tage, es würden jetzt jährlich 20000 neue Menschen nach Berlin kommen und die wenigsten können sich die Mieten hier leisten. Ich konnte mir vor 13 Jahren die Miete hier leisten und kann es noch immer (solange ich nicht umziehe, aber dazu will mich ja niemand bewegen), sonst wäre ich vermutlich nicht hier.

    Warum bin ich so anders?
    Das Lied zum Artikel (Nr. 5)Externer Link

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