Musik(empfehlung): Kettcar
Ich bekomme mit Bands immer ein Problem, wenn ich ihre Schablone durchschaue. Das war bei „Wir sind Helden“ beispielsweise bei Soundso der Fall (bei Bad Religion vermutlich bei der zweiten Platte und bei den Ramones beim zweiten Lied). An diesem Moment ist alles anders: Wenn man bei jemandem eine schlechte Eigenschaft entdeckt hat, wird man sie nie wieder ignorieren können.
Genug der Küchenphilosophie, aber zu solcher wird man bei Kettcar ja doch beinahe gezwungen.
Die Texte sind wie immer: Meist wird Konkretes erzählt, um einen viel umfassenderen Zustand zu beschreiben. Selten ist das Thema direkt und wütend, meistens schwebt es irgendwo melancholisch im Nichts und will uns weismachen, dass ja alles garnicht so schlimm ist. Melancholie ist aber nur die eingebildete Unzufriedenheit der Glücklichen und spricht mich nicht an. Die letzten Platten (so wie beiden Helden früher) zeichneten sich selbst in solchen Momenten dadurch aus, dass Redewendungen, Weisheiten und Wortspiele völlig natürlich ineinander passten. Auf dieser Platte klingt es wie verkrampft aus dem Setzkasten zusammengebastelt.
Zurück zur Musik und der Schablone: Kettcar merken nach einer Minute sechsunddreißig, dass sie gerade ein Lied spielen, das sie schon mindestens zweimal (Einer, Ausgetrunken) geschrieben haben und setzen ein irritierendes Klavier ein. Es bleibt der einzige Versuch, etwas musikalisch Neues zu machen. Der Rest ist der übliche Beat, die gleichen Harmonien, die allerdings im Gegensatz zu früher nerven, weil Geigen im Spiel sind und die meisten Stücke insgesamt einfach zu langsam und undynamisch sind. Auch der Sound ist platt und macht daher die ruhigen Stücke noch etwas langweiliger.
„Schrilles buntes Hamburg“ oder „3:36“ zeigen, dass die Band und ich uns noch nicht komplett auseinandergelebt haben. Darüber hinaus gibt es nur noch zu seicht verpackte Themen, mit denen ich nichts anfangen kann. Liebe, Krankheit, Trennung, Tod – ihr habt es schon schwer, aber wie gesagt ist eigentlich doch alles garnicht so schlimm.
Noch etwas Lob zum Schluss für die iTunes-LP. Es ist nett, mal wieder ein Booklet durchzugucken, mit Credits und so. Wenn das dann noch schön aussieht, ist das umso besser.