Leihradlos
In Berlin gibt es seit mehr als fünf Jahren Fahrräder, die die Bundesbahn an viele Orte der Stadt gestellt hat, damit vernünftige Menschen diese per Funktelefon ausleihen und damit fahren und unvernünftige Menschen die Reifen zerstechen können.
Da ich das schreibe fällt mir auf, dass sich der Vandalismus bei den Rädern erstaunlich in Grenzen hielt. Vielleicht war das Design der Räder mit der großen Federung und dem absurden Gepäckträger zu mitleiderregend, als dass man an dem Rad noch etwas hätte verschlimmern können.
Aber zurück zum Thema: Dieses Angebot war praktisch. Wenn mein eigenes Rad kaputt war, wenn ich zu Fuß unterwegs war und nicht mehr laufen wollte, wenn Besuch da war, den ich zum Fahren zwingen konnte, habe ich es gern genutzt. Das tolle an dem System war nämlich, dass man sich ein Rad schnappen konnte, dem man über den Weg lief und es nach getaner Arbeit da hinstellen konnte, wo es einem passte, bezahlte Pausen inklusive und das innerhalb des S-Bahnrings, also in einem echt großen Gebiet. Maximale Flexibilität, für die viel zu zahlen ich gern bereit war. Das Verleihsystem mit anrufen, Code merken, Schloss aufbekommen, parken, anrufen und Straßennamen nennen war nicht einfach, aber einfach genug um besoffen im Dunkeln gemeistert zu werden. Dazu gab es seit einiger Zeit ein schickes, einfaches Programm fürs iPhone.
Jetzt wird alles einfacher. Für den Anbieter. Der schrieb mir nämlich die Tage, dass die Räder ab sofort nur noch an Verleihstationen geliehen und abgestellt werden können. Die E-Mail verzichtet komplett auf Begründung oder Werbung für das neue System, weil den Schreibern klar war, dass es keinen einzigen Vorteil für den Kunden gibt. Zwar fällt das Telefonieren weg, aber dafür auch die Freiheit. Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand geplant ein Rad irgendwo ausleiht und an einer nicht von ihm definierten Stelle wieder abstellt. Und schon garnicht, wenn das ganze nur in wenigen Bezirken funktioniert.
Hier wurde wieder einmal ein tolles System von irgendwelchen Forschern und Marketingleuten komplett am Kunden vorbeigebaut. In zwei Jahren ist das System eingestellt und der Kunde ist Schuld. Erinnert euch an meine Worte.