Neues vom Schlafbaum
  • Wir hassen Veränderung

    Titte

    Titte

    Ich bin gestern mal wieder durch die Kastanienallee gefahren, Touristen angucken. Im Hinterkopf hatte ich aber auch erstmals bewusst, dass die Straße bald umgebaut werden soll. Derzeit gibt es hier sehr breite aus hügeligem Pflastersteinen bestehende und mit Stühlen mit Lattetrinkern drauf vollstehende Gehwege, dann einen Parkstreifen mit vielen Autos und wenigen Lücken, aus denen in hoher Frequenz blinde Touristen auf die Straße fallen und dann eine normal große Straße mit Straßenbahnschienen, zwischen die jemand von der Stadt abgewetzte Fahrradpiktogramme gemalt hat. Die Straße ist nicht ungefährlich, denn sie erfordert von allen Verkehrsteilnehmern schier unforderbares: Vor- und Rücksicht.

    Ich mag die Straße so. Ich bin mutig genug, Autofahrern, die mich unberechtigterweise zwischen den Schienen weghupen wollen, die Faust zu zeigen, ich habe Augen im Kopf, kann meine Geschwindigkeit einschätzen und habe keine Angst vor Schienenzwischenräumen. Darum kann die Straße ruhig so bleiben, denn sie ist obendrein auch hübsch, oder hat so etwas, das Zugereiste wie ich „Charme“ nennen. Der ist sicherlich weg, wenn man vor die Kaffeeläden Betonplatten legt.

    Das soll nämlich passieren: Gehwege kleiner und eben machen, darein kommen Parkbuchten für unsere Blechdenkmäler der Freiheit und Individualität, dann ein Fahrradstreifen und in der Mitte bleibt Straße und Straßenbahn. Die logische Folge dieser Änderungen wird eine merkliche Tempo- und Lärmerhöhung durch die optisch breitere Straße, ein ständig vollgeparkter Fahrradstreifen und ein Gehweg, auf Lattetrinker, Kinderwagen, Italiener und rücksichtslose Radfahrer um ihren Platz kämpfen werden. Das ganze übrigens nur im Nordteil der Straße – der Süden gehört zu Mitte und die machen garnichts.

    Dementsprechend gibt es verschiedene Wutbürgerinitiativen – wie immer will jeder etwas anderes, jeder mit jedem Reden, aber keine Zugeständnisse machen – und ein Grüner Stadtrat, der sich das alles hilflos anschaut. Aus den oben genannten Gründen wünsche ich mir in diesem Fall mal den demokratiebedingten Stillstand und den Erhalt der Straße so wie sie ist, am besten den Rückbau der Häuser auf den Stand von ’95. Dem Tourismus wird es guttun und alle Anwohner und Gewerbetreibenden sind ja nunmal auch genau dort, weil es da genau so aussieht. Bürgerinitiativen allerdings, die aufgrund dieses Themas „Tage des Zorns“Externer Link ankündigen, gehören augenblicklich geschlossen nach Libyien ausgewiesen.

    Ich bin zu faul, meine einzelnen Behauptungen durch Links zu unterfüttern, daher hier der Start für eigene RechercheExterner Link.

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