Neues vom Schlafbaum
  • Gestorben an sich selbst

    Auf welche Weise die Menschheit in Zukunft an sich selbst zugrunde gehen wird, kann man in und um Berlin immer wieder an Orten und Festivitäten im Kleinen studieren, sei es beim Karneval der Kulturen, dem Festival of Lights, dem Mauerpark, der Fusion oder bald auch am Parkfest. Einiges wie der Mauerpark ist für immer verloren, anderes wie die Fusion hat sich zu erprobten wie verhassten Repressalien wie Zäunen und Sicherheitspersonal herabgelassen, anderes wartet noch auf Maßnahmen, aber man kann ihre Schwingungen bereits spüren.

    Ich habe nie groß vom Parkfest erzählt, welches ich immer sehr angenehm und interessant fand – nutzlosen Zeitungspraktikanten würde dazu vermutlich „familiär“ einfallen: Die Musik war bunt gemischt, nicht laut, um zehn war Schluss und es gab drumherum nicht viel zu tun, also ging man einfach mit einem Lächeln nach hause. Trotz namhafter Auftritte und viel Programm hat sich das über einige Jahre so gehalten, denn der Park war neu und Trottel können ihren Wirkungskreis nur sehr langsam auf neues ausdehnen. Insbesondere ist auch die Saufinfrastruktur um die beiden Parks noch immer erfreulich überschaubar.

    Über die Jahre hinweg hat aber nun jeder jemandem erzählt, wie toll es dort ist und so kommen nun alle die, die exponentielles Wachstum zwar niemals erklären könnten, es dafür aber umso schamloser ausleben. Dabei scheint aber nicht die schiere Masse der Menschen das Problem zu sein, sondern dass diejenigen, die sich in schöner Umgebung bei netter Musik zu einem Schwatz mit Freunden trafen, nun von der Menschenfülle abgeschreckt zurückweichen, und anderen Platz machen, denen es mit Pizzakartons und Bierkästen bewaffnet total egal ist, dass die Typen neben ihnen auch Arschlöcher sind, die laut mit sich selbst beschäftigt sind, egal ob in der Nähe mitleiderregend schlechter Möchtegernreggae oder lockerer Sommerfolk läuft und denen es auch egal ist, wer ihre Scheiße morgen früh wegräumt:

    Die Kulissenverbraucher – die ignoranten, egozentrischen Narzissten von denen jeder ahnt, woher sie kommen und wo sie wohnen.

    Ich hoffe, ich sehe zu schwarz und es lag heute nur an der Hitze und dem ersten Tag, aber ich fürchte schlimmes.

    Anstatt gegenzusteuern scheint das Fest allerdings mit Freude seinem Tod entgegenzugehen, denn erstmals ist die Musik so laut, dass ich sie auf meinem Balkon höre.

    Etwas ähnliche Artikel: Zeichen, Mietnest, Es wurde Licht

  • Wahllose Auflistung

    Ich verzichte dieses Mal auf den Spruch von Pirol, denn mir ist beim Anblick der Wahlplakate selbst etwas durch den Kopf gegangen.

    Zunächst überrascht mich (oder auch nicht) die örtliche Verteilung der Plakate: So sieht man die Partei der oder für die Saturierten – die FDP – in meinem Kiez garnicht, dafür an meiner Arbeitsstelle die Piraten nicht. Es scheint, die Parteien kämpfen in erster Linie um die Stimmen, die sie schon haben und nicht um neue. Ersteres ist allerdings auch wirklich schwer genug.

    Wahl 2017

    Wahl 2017

    Die FDP hat übrigens Plakate, die jemand erstellt haben muss, der eine recht freundschaftliche Beziehung zu Photoshop-Plugins und/oder LSD hat, oder sie haben aus Kostengründen diese neue Spionage Filter-App aus Russland benutzt. Sie punktet bei mir allerdings mit dem besten und zu Berlin passendsten Spruch.

    Wahl 2017

    Wahl 2017

    Ob ich lieber auf LDS oder auf Grün und dann noch mit Alles wäre, konnte ich mir mit Blick auf Ideologie und Realität erstaunlich schnell und überraschend beantworten. In Wilmersdorf fischen die Grünen mit ihrer Kandidatin offenbar zusätzlich am rechten Rand. Das zumindest war mein Gedanke zu ihren Namen und ein Stück weit auch zum Aussehen. Die Sprüche sind albern wie bei fast allen anderen Partien, mein göttliches Sexding allerdings geht die Leute garnichts an.

    Wahl 2017

    Wahl 2017

    Die SPD wirbt großflächig und wortkarg mit diesem, na, der ist doch, was war der noch gleich? sowie mit dem neuen Motto: „Rückwärts nimmer, vorwärts niemals“, beziehungsweise „Berlin bleibt“. Was Berlin für die SPD bleibt, also rein logisch ist, zum Beispiel „fleißig“, „schlau“ oder, lässt an ihren Standards zweifeln, aber eigentlich auch nicht. Berlin bleibt übrigens auch „bezahlbar“ und zwar von Bayern und Baden-Württemberg in bar.

    Wahl 2017

    Wahl 2017

    Die CDU ist bei mir in der Gegend garnicht zu sehen und damit relativ nah an ihrem Politikstil. Ob das abgelichtete Plakat da seit Mitte der Achtziger hängt, oder doch zu diesem Wahlkampf gehört, kann ich nicht abschießen beantworten. Immerhin habe ich noch nichts von der Wende gelesen.

    Wahl 2017

    Wahl 2017

    Die Linke hat offenbar großflächige Friedensangebote an Sarah W. aufgehängt. Die kleinen Plakate kommentiere ich nicht weiter, weil Satzbau und Inhalt mir nicht einleuchten wollen.

    Bei mir im Kiez hängen die Piraten, die mit ihren Bildern von der letzten Karnevalssitzung allesamt aussehen, als hätten sie gerne auch das Plakat der FDP erstellt.

    Der Wahl-O-Mat schlägt mir übrigens die BüSo oder die Grauen Panther vor, offenbar als letzte Ausfahrt vor der AfD oder ALFA und dafür bedanke ich mich. Gewählt habe ich dann auch schon per Briefwahl, damit mich niemand mehr in letzter Minute umstimmen kann und ich vor allem den Sonntag nicht ins Wahllokal muss.

  • Ährengast

    Ährengast

    Ährengast

    Ich hatte schon so manch Seltsames in meinem Blumenkasten, auch wenn all die Jahre die Ringelblumen dominieren. So manches Mal weiß ich garnicht, was da so vor sich hinwächst, weil es aus einer anonymen Mischung stammt. Bei dem Problem kann mir ja möglicherweise bald Microsoft helfenExterner Link.
    Schon einmal konnte ich mir keinen Reim auf die Herkunft der Pflanze machen, dieses Jahr ist es nun wieder passiert: Aus einem sehr seltsamen Gras ist in den letzten Tagen etwas geworden, das ich ohne Computerunterstützung erkenne, nämlich Weizen. Was ich damit mache, ist mir noch nicht ganz klar. Vielleicht versuche ich wirklich ein Gramm Mehl daraus zu machen und daraus dann ein sehr kleines Brötchen oder ein ganz, ganz kleines Weizenbier.

    Vielleicht ist so ein kompletter Kasten als Weizenfeld auch eine gute Idee. Immerhin wäre es ein hübscher Sichtschutz.

  • Sollbruchstelle

    Gestern habe ich zum dritten Male den Öffnungsmechanismus der Eisfachtür meines Kühlschrankes, oder wie die deutsche Sprache es möglich macht den Kühlschrankeisfachöffnungsmechanismus mit meiner bekannt brachialischen männlichen Art zerstört. Dass ich letztlich lediglich ein Plastikteil auf vielleicht acht Quadratmillimeter zerbrochen habe, möchte mein überbordendes Testosteron… aber wo war ich?

    Das Eisfach kann weiterhin geschlossen werden, so wie auch Anfang des Jahres und schonmal 2013, aber ich muss mich jetzt wieder bei jedem Öffnen etwas zusammenreißen und das ist ein Verlust von Lebensqualität. Es ist auch ein Zeichen von überragender Lebensqualität, wenn diese durch eine defekte Eisfachtür in Mitleidenschaft gezogen wird, aber immer geht es irgendwem irgendwo schlechter und diese Tatsache sollte uns im Leben nicht leiten, aber wo war ich?

    Ich ärgere mich in diesem Falle erheblich, da ich eben erst vor ein paar Monaten für etwa 400 Ostmark (um mal künstlich den Empörungsgrad dieses Artikels hochzuhalten) eine neue Tür gekauft habe, denn selbstverständlich kann man in unserer neoliberalen Gesellschaft (Empörungsgrad…) nicht einfach nur den Griff, sondern natürlich nur die ganze Tür neu kaufen. Noch dazu wurde der Kühlschrank – wie ziemlich viele – in der Türkei hergestellt und wer weiß, ob ich in diesen Zeiten überhaupt eine neue bekomme, wenn ich nicht vorher ganz lieb dem Führer huldige, aber wo war ich dieses Mal?

    Ich sollte einfach nicht so viel Eis essen, dann muss ich auch die Tür nicht ständig aufmachen.