Neues vom Schlafbaum
  • Der Geldautomat des Präkariats

    In Kürze werde ich in Dänemark wieder vor Pfandautomaten stehen, an denen man einen Knopf drücken kann, woraufhin der Pfandbetrag gespendet wird, an den WWF oder so. Ich habe dort nie gedrückt, weil ich es ehrlicher fand, geizig zu sein, als mit einem Knopfdruck irgendeine undurchschaubare Organisationsstruktur zu füttern, nur damit ich ein besseres Gewissen bekomme.

    Deutschland zog vor einer Weile mit der hier gebotenen Bürokratie nach: man schmeißt seinen Pfandbon in einen Kasten und jemand gibt die Spenden dann gesammelt ab – nichts geht hier ohne Formular.

    Auch an diesem Spiel beteilige ich mich nicht. Es ist mir zu billig, mich auf diese Weise „gut“ zu fühlen. Natürlich lasse ich im Park meine leeren Flaschen an exponierter Stelle stehen, wenn sie mir nicht vorher aus der Hand gerissen werden, aber ganz ehrlich: das tue ich, weil ich die nicht mit nach hause nehmen will. Dass sich jemand anderes damit durch harte Arbeit was zu essen kaufen kann, nehme ich gerne hin – meinem Gewissen ist das egal. Ich habe nichts gegen Pfand und Pfandsammler in Person, sondern gegen gegen die Tatsache, dass dieses Land sie mehr und mehr entstehen lässt. Ich bin darüber ja schon früher ins Grübeln geraten… Wenn ich mal was gutes tun will, bekommt der Stützeverkäufer zwei Euro ohne Stützenkauf. Da zu stehen ist Arbeit genug.

     

    Jetzt schielt diese Form von Gewissenserleichterung mit Hilfe des Internets in Form von www.pfandgeben.de von ihrem Platz im Reich der Traurigkeit hinüber ins Reich der Perversion. Hier kann man kundtun, dass man mal wieder in der WG im 5. Stock nach einer langen Mittwochnacht vor Flaschen das Parkett nicht mehr sieht. Alsbald wird jemand aus dem Kreis der Bedürftigen an der Türe klingeln und die Flaschen mitnehmen. Eine win-win-Situation: Die Bude ist aufgeräumt und die eigene Generösität zur Schau gestellt. Das geht bisher nur in FHain, XKölln und PBerg, aber das deckt ja die wichtigsten Gebiete ab. Vielleicht ist es sogar so gedacht, dass man nicht einmal jemanden an die Tür lassen muss, sondern einfach irgendwo einen Flaschenberg errichtet und per Website anzeigt. Damit wäre dann die klinisch sauberste Form des Gebens gefunden. Was moderne Technik alles möglich macht.

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  • Trendkurzbericht

    Dinge, die ich aus Prinzip (oder Vergesslichkeit) nicht mitmache:

    • Mein Fahrrad rechtzeitig zur kostenlosen Erstinspektion bringen
    • Meinen iMac während der Garantiezeit zur Reparatur anmelden
    • Butterkuchen mit Blaubeeren von Butter Lindner
    • Zwei- statt einmal jährlich zum Zahnarzt gehen
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  • Seliges Altglas

    Altglas

    Altglas

    Seit ich in Berlin bin trinke ich jede Art von Getränk meist aus humpenartigen Gläsern mit 0,4 Litern Fassungsvermögen und dem Aufschrift „Papstbesuch in Paderborn 1996“ um ein eigenartiges Symbol, das wohl ein Kreuz sein soll.

    Das hat nichts mit Glauben zu tun, sondern damit, dass ich eben vier Stück davon habe und sie stabil, standfest und groß sind. Da bin ich ganz praktisch veranlagt und würde auch aus einem solchen Glas trinken, wenn „U.S.-Präsidentenbesuch in Ramstein 1999“ daraufstünde, oder „Mario Barth-Besuch im Olympiastadion 2010“. Obwohl…

    Jetzt, nicht lang nach der Seligsprechung des guten JPIIExterner Link, ist das undenkbare passiert: Ich habe aus Versehen eines der vier Gläser zerbrochen. Damit ist es nicht allein: Ein anderes aus der Serie ist bereits deutlich gesprungen, wird aber noch benutzt und auch ein Glas mit einem Schaf drauf schmeiße ich aus Erinnerungsgründen nicht weg, obwohl es nur noch von einer Seite betrunken werden kann, es sei denn, man will Bloody Mary.

    Das ist schlimm, aber andererseits hat mir das Papstglas fast 15 Jahre treue Dienste geleistet und das für läppische 50 Pfennig. Die vier Gläser habe ich nämlich damals zu diesem unglaublich günstigen Preis in der Heimat in der Pennymarkt-Passage von einem seltsamen Mann an einem Stand gekauft, den ich weder vor- noch nachher jemals wiedergesehen habe.

    Jetzt haben wir einen anderen Papst und passend zu meiner Scherbenkatastrophe besucht er dieses Jahr nicht nur Deutschland, sondern sogar Berlin. Ich werde also in diesem Jahr nach einem seltsamen Mann mit einem Stand voller Gläser mit der Aufschrift „Papstbesuch im Olympiastadion 2011“ Ausschau halten. Zwei Mark habe ich noch…

  • Ärzte – Debil – 2. Seite – 4. Lied [aktualisiert]

    echo biO

    echo biO

    Jahrelang bin ich auf meinem Arbeitsweg an diesem Bioladen vorbeigefahren ohne stehenzubleiben und werde es weiter tun, denn in einer Straße, in der Läden „Silhouette im Farbenreigen“, oder „Bionapf“ heißen, kaufe ich erst ein, wenn ich eine frühverrentete Religionslehrerin geheiratet habe.

    Besonders machte diesen Laden der auf dem Bild zu diesem Artikel sichtbare Aufkleber an der Scheibe, denn dem fehlte ewig lang das o und ich dachte immer, dass ich den Spruch ohne o ja mal für infantiles Füllen eines Sommerlochs im Blog fotografieren muss, um dann so etwas wie „Wenn man als Werbefolienanbieter Bioläden ausrüstet, sollte man Ersatz-os beilegen“ darunterzuschreiben. Ich habe es nie getan – konnte ich ja morgen immernoch.

    Jetzt wurde ein zumindest typographisch nicht total aussätziges o gefunden und ich bin mit meinem Fotowunsch mal wieder das, was ich immer bin, wenn es wirklich drauf ankommt.

     

    Manchmal muss ich erst etwas schreiben, um mal mit offenen Augen durch die Welt zu fahren. Tut man das in der Belziger, sieht man folgendes:

    Haareszeiten (Friseur),

    Staatsburger (Restaurant),

    Hippe Schrippe (Bäcker),

    Haferstich (der o.g. Bioladen),

    Bikeology (Fahrradladen),

    FlorArtistik (Blumenladen)

    Narkosestübchen (Kneipe)

     

    Wer bietet eine höhere Dichte an Läden mit bekloppten Namen?

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